Der Rapper aus San Francisco dropt in diesen Tagen sein Album "Cardboard Castles" in Europa. Grund Genug für motor.de mal nach Cali rüberzufunken. Lange Rede, kurzer Sinn: Alle wichtigen Antworten zu Tourplänen, den neuen Songs und dem eigenen Werdegang findet ihr im motor.de-Interview.

(Foto: Alan Gwizdowski)

motor.de: Erzähl uns etwas über dein neues Album!

Watsky: Es ist eine Kombination aus vielen Sounds und Einflüssen. Auf der einen Seite haben wir sehr organische, leichte Instrumentale. Gleichzeitig sind aber auch kräftigere und tanzbarere Nummern dabei. Ich bin sehr stolz darauf. Das gilt auch lyrisch, nicht alle Stücke sind so funny, wie man mich kennt.

motor.de: Hast du eine Gruppe von Producern, die dir vorab Nummern auf den Leib schneidern oder bist du ein Sessionmusiker, der viel im Studio anhängt?

Watsky: In der Regel bin ich in die Produktion sehr eingebunden. Es ist also nicht so, dass ich mit vorproduzierten Beats ins Studio gehe. Zum Beispiel habe ich mit Kush Mody sehr an den Songs gearbeitet. Wir nutzen nicht nur einfach Loops, die dann den Track durchlaufen.

motor.de: Sind die Leute, mit denen du Musik machst, Freunde aus deinem persönlichen Umfeld?

Watsky: Ja, das trifft auf viele Leute hier zu. Zum Beispiel Aaron Carmack, der den Beat zu „Hey Asshole“ feat. Kate Nash gebaut hat, ist ein langjähriger Freund. Auch meine Band besteht aus Leuten, mit denen ich schon lange zu tun habe.

motor.de: Cardboard Castles ist nicht dein erstes Album. Erzähl uns etwas über deine eigene Rapgeschichte!

Watsky: Das aktuelle Album ist das erste, das ich über ein Label release. 2009 habe ich ein Album namens „Watsky“ veröffentlicht. Das habe ich selbst produziert und rausgebracht. Das war eben bevor ich so etwas wie eine Fanbase hatte. Es hat ein bisschen gedauert bis 2013. Das Album jetzt war nun eben der nächste Schritt, den ich mit Leuten im Rücken gehen wollte, die mich unterstützen.

motor.de: Welche musikalischen Einflüsse hast du?

Watsky: Meine Einflüsse reichen von altem Soul über Motown bis hin zu Rappern wie Pharoahe Monch, Blackalicious, Mos Def und Talib Kweli. Eminem hatte starken Einfluss auf meinen Reim-Stil.

motor.de: Du hast ja einen Poetry Slam-Hintergrund??

Watsky: Meine erste wirklich professionelle Erfahrung war bei Russell Simmons „Def Poetry“-Show 2007. Ich fing mit Poetry Slams an, als ich 15 war. Das hat mich sehr geprägt, immer wieder an solchen Wettkämpfen teilzunehmen. Zwischen 19 und 24 bin ich fünf Jahre an Colleges getourt. Mit dem Geld, das ich mir damit verdient habe, sind meine Videos finanziert worden.

motor.de: Als du jahrelang an Colleges getourt bist, hast du da den D.I.Y.-Film gefahren oder hattest du ein professionelles Management hinter dir?

Watsky: Ich hatte eine Booking-Agentur, die auf Colleges spezialisiert war. Aber ein professionelles Management kam erst vor zwei Jahren, als ich im Internet richtig groß wurde.

motor.de: Wie hat dieser große Internethype dein Leben verändert?

Watsky: Manchmal erkennen mich Leute auf der Straße, das ist cool. Aber sonst ist mein Leben normal geblieben. Nur muss ich eben nicht so einen standartmäßigen Nine-To-Five-Job machen. Ich fahre aber keinen Bentley. Ich stecke all mein Geld in die Videoproduktionen. Darum geht es mir: Um künstlerische Freiheit, die ich mir jetzt leisten kann. Es macht mich einfach glücklich, wenn Leute auf meine Shows kommen können und Spaß haben, solange ich hart arbeite.

motor.de: Wie kam es zu dem Kate Nash-Track? Wie habt ihr zusammengefunden?

Watsky: Ich wusste, dass ich ein Vocal-Feat auf dem Track haben wollte, eine stimmige Hook. Ich habe erst selbst Scratches dafür aufgenommen. Dann hab ich ihr einfach eine Twitter-Nachricht geschickt und gefragt. Sie sagte Ja, hat den Part in London aufgenommen und mir gleich geschickt. Persönlich kennengelernt habe ich sie erst beim Video-Dreh.

motor.de: Ihr habt den Track also via Internet gemacht. Auch sonst bist du eher im Netz präsent. Cardboard Castles kommt nun auf einem physischen Tonträger raus. Welche Rolle spielt das für dich?

Watsky: Ich bin weniger oldschool. Ich bin durch das Netz groß geworden. Aber speziell in Europa auf Tour haben wir gemerkt, dass es viele Menschen gibt, die unsere Musik kaufen und in der Hand haben möchten. Deswegen gibt es zusätzlich eine kleine Vinyl-Auflage des Albums.

(Foto: Alan Gwizdowski)

motor.de: Welche Pläne gibt es bezüglich Live-Auftritten in Deutschland?

Watsky: Wir kommen diesen Sommer wieder nach Deutschland. Im Juli spielen wir auf dem Serengeti-Festival in Frankfurt und auf dem Hip-Hop Open in Stuttgart. Auch ein paar Clubs sind dabei. Im November folgt nochmal eine extra Club-Tour. Meine Band wird immer dabei sein.

motor.de: Wenn es dir auf Tour mal zu stressig wird, schickst du dann ein Double, wie es MF-Doom gemacht hat? Du hast ja einen Zwillingsbruder.

Watsky: Haha, Nein, das wird wohl nichts. Mein Bruder ist Helikopter-Pilot. Er lebt in Nord-Kalifornien und bringt Leuten das Fliegen bei. Er hat wohl das Technische abgekriegt. Ich das Künstlerische.

motor.de: Bist du eigentlich ein Hipster?

Watsky: Haha, ich habe diesen Song geschrieben „Kill a Hipster“. Letzen Endes hat jeder kleine Anzeichen eines Hipsters. Aber ich denke, ich bin keiner. Es kommt halt auf die Verhältnismäßigkeiten an. Ein Hipster ist jemand, der immer nur das cool findet, was gerade in ist, ohne dir sagen zu können, warum gerade das cool ist. Er nimmt sich überall sein Stückchen. Ich will mit dem Song nicht den Finger auf irgendwen richten und deswegen ist es gleichzeitig ein Selbstcheck. Ein kritischer Blick in den Spiegel, denn zu hundert Prozent sollte man kein Hipster sein.

motor.de: Wir bedanken uns für das Gespräch.

Watsky: Wir sehen uns diesen Sommer!

John Sauter