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Web 2.0 / Pulitzer Preis für alle?

Es gibt anberaumte Termine von denen man weiß, dass sie schwierig sind und auf die man sich dennoch freut. Das ist ein bisschen so wie bei einem Schachmatch mit einem sehr guten Gegenspieler. Dienstag ist wieder so ein Termin und es geht um Euch. Fast zwei Monate nach dem Relaunch unserer Website wird nämlich Bilanz gezogen. Das war so vereinbart und wird dennoch kontrovers. Es wird um die heimatlosen Seelen von Motrocity gehen, die Jahre nachdem wir den Server abschalten mussten, weil die Software veraltet und die Maintancekosten zu teuer wurden, immer noch auf unserer Seite irrlichtern (ich hätte ja gewettet dass die Freunde Second Life viel attraktiver finden und ihrem ruckelnden Avatar keine halbe Träne nachweinen), um gestiegenen Traffic und bessere Klicktiefe (so nennt man es, wenn jemand sich die Seite nicht nur oberflächlich anschaut, sondern viele Artikel und Einträge liest, habe ich von Uwe gelernt), um die 4000 von den Nutzern angelegten Profile (was angeblich toll ist, sagen selbsternannte und auch anerkannte Community Experten unisono) aber auch um die Erwartungshaltung von Euch allen.
Mit dem Begriff Web 2.0 ist nicht nur das Glitzern in die Augen von Spekulanten, sondern meiner Meinung nach auch ein völlig verändertes und verdrehtes Bild der Menschheit zurückgekehrt. Die New Economy hat uns Internet Nutzer ihren Investoren als neugierige, nimmersatte Horde verkauft, die sich gern von werblichen Newslettern bespaßen und ihre Daten mit Freude erheben und verkaufen lässt, damit sie auf ihrer ewigen, undifferenzierten Suche nach Content vorankommt. Dieses Bild war aus meiner Sicht falsch, da es den Begriff der Qualität, der Substanz, der Nachhaltigkeit komplett ignoriert. Nun da (O-Ton aus einem belauschten Investorengespräch:) “nicht mehr Computer, sondern Menschen miteinander im Internet kommunizieren” (hmm, ich weiß nicht wie das bei Euch war, aber ich habe früher schon meine Mails und Gästebucheinträge selbst geschrieben und dies mitnichten meinem Computer überlassen) sollen wir alle plötzlich zu Kommunikationsfanatikern werden. Egal ob man gerade was zu sagen hat oder auch nicht, Hauptsache Interaktion. Selbstdarstellung wird zum Selbstzweck, also rein in die Community, egal in welche. So zumindest das Weltbild der Web 2.0 Gläubigen.

Versteht mich nicht falsch, ich finde es großartig dass jeder sich äußern kann, mir macht es Spaß auf Anmerkungen und Zwischenrufe zu reagieren. Sites wie diese werden erheblich spannender, wenn sie viel mehr Leuten (wie zum Beispiel ab heute auch durch die Rezensionen unser aller Motor FM Lieblingsmoderatorin Silke Super) ohne technischen Aufwand Fläche bieten können. Aber meiner Meinung nach dürfen sie sich darüber nicht definieren. Der Kern muss der redaktionelle Inhalt, muss die Relevanz der Texte, Bilder und Töne bleiben, alles andere hilft nur, das zu genießen. Ihr merkt am Dienstag geht es um Glaubensfragen, aber die diskutiere ich am liebsten. In diesem Sinne…

Euer Tim

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