“Hallo, hier spricht Welle: Erdball, Symphonie der Zeit. Aus dem Äther schwingt und schwillt sie in die Ewigkeit!”
Mit diesem Zitat eröffnen Welle:Erdball jede Sendung, die sie durch den Äther schicken. Denn die Band sieht sich als imaginärer Radiosender, der seine Veröffentlichung per Rundfunkwellen an den Mann bzw. Frau bringt. Hoffnungslose Romantiker, Gesellschaftskritiker und Lebemänner. Welle:Erdball vereinen alles in ihrem ganz eigenen Kosmos. Der Name beruht im Übrigen auf dem Titel eines Hörspiels (Hallo! Hier Welle Erdball!“) von Fritz Walter Bischoff aus dem Jahr 1928. Es gilt als letztes großes Radio-Hörspiel der Weimarer Republik.
Mit ihrem Sound, irgendwo zwischen Neuer Deutsche Welle, New Wave und Minimal kommen sie zunächst bei den Plattenlabels nicht an. Es benötigt das Lied „Nyntändo-Schock“ um in den Clubs für Aufsehen und bei den Plattenbossen für Umdenken zu sorgen. Synthetic Symphony nimmt die beiden Musiker unter Vertrag und veröffentlichen 1993 das Debütalbum „Frontalaufprall“. Auch wenn es sich gut verkauft, reagiert die Presse nur mit Schulterzucken und Ignoranz.
1995 folgt das zweite Werk „Alles ist möglich“ – auch im Bandkarussell. Während die beiden Hauptverantwortlichen Honey und A.L.F. stets dem Sender erhalten bleiben, werden die weiblichen Protagonisten öfter ausgetauscht. Bei dieser Platte steht Xenia G-Punkt hinter dem Mikro. Beim Debüt sang noch Isa.
Was gehört zu einem etablierten Sender? Natürlich ein eigenes Markenlogo. Dieses finden die Niedersachsen im Sachsenring-Logo. Nur noch schnell dreimal um 23 Grad drehen (Illuminaten, ich höre euch trapsen) – fertig! Zwei feste Mitglieder sind auch zuwenig und da der Commodore 64 zu einem Großteil die Töne ausspuckt, erklärt man ihn kurzerhand zum festen Mitglied. Eine treue Seele, die nie Ärger macht. Zu guter Letzt braucht es natürlich einen Fan-Club. Der so genannte Hörerclub geht an den Start und besitzt laut eigenen Angaben heutzutage bereits 15.000 Mitglieder.
„Tanzpalast 2000“ erscheint 1996 und wird der erste echte Erfolg in der Szene. Songs wie „Wo kommen all die Geister her“, „Schweben, Fliegen, Fallen“ oder das Cover des DDR-Kampfliedes „Die Moorsoldaten“ sind auch heute noch fester Bestandteil eines jeden Welle:Erdball-Konzertes. In jenem Jahr kommt es zum ersten alljährlichen Hörerclub-Treffen, bei dem das Konzert der Band immer den Höhepunkt darstellt.
Zwei Jahre später erfolgt auch der Durchbruch im Ausland. „Der Sinn des Lebens“ (1998) beglückt vor allem die Dänen und Schweden. Gerade letzteres trägt eine immense Bedeutung für Welle:Erdball und wird für die Band neben Deutschland zum wichtigsten Hauptabsatzmarkt. Nun sollten jedoch vier Jahre vergehen, ehe ein neues Werk die Diskokugel zum Glühen bringt. Auf Grund der intensiven Beschäftigung mit den aufgegriffenen Themen werden zunächst einige EPs präsentiert, bis schließlich 2002 „Die Wunderwelt der Technik“ das Licht der Welt erblickt. Erstmalig können die Deutschen Media-Controll-Charts geknackt werden. Zum zehnjährigen Jubiläum bedanken sich Honey und A.L.F. mit der EP „Nur tote Frauen sind schön“, auf der auch einige Demo-Songs frisch aufpoliert werden.
2004 geht die Band sogar noch einen Schritt weiter, oder genau, einen Schritt zurück und veröffentlichen das Mini-Album „Horizonterweiterungen“ nur auf Vinyl. Der Griff in die Mottenkiste gehört zu den Markenzeichen und betrifft auch die Bühnenoutfits. Apropos Bühne – Welle:Erdball gehören mit Sicherheit zu den aktivsten und ausdauerndsten Live-Künstlern, was sie beim Hörerclub-Treffen 2004 in Rauenstein (Thüringen) unter Beweis stellen. Mit einer Gesamtspielzeit von über 200 Minuten stellen sie einen persönlichen Rekord auf. Die Fans müssen sich in den nächsten Jahren gedulden, denn erst im September 2006 erscheint mit „Chaos Total“ das sechste Album, was es bis auf Platz 77 der Media-Control-Charts schafft. Eine ausgedehnte Tour durch ganz Europa lässt die Tanzpaläste wackeln.
Ende April 2008 erscheint mit „Ich bin aus Plastik!“ eine weitere Single ausschließlich auf Vinyl. Neben der Musik haben die beiden Band-Gründer aber auch noch das Thema Film zur Chefsache erklärt und stellen im Rahmen des Wave-Gotik-Treffens in Leipzig ihren Projekt-Film „Operation Zeitsturm“ vor.
Welle:Erdball sind:
Honey – Musik, Texte, Sprache
A.L.F. – Planung, Konzept, Recherche
Frl. Venus – Stimme, Weiblichkeit, Finanzwesen
Plastique – Stimme, Weiblichkeit, Design
C=64 – Klänge, Sprache, Motivation
Enrico Ahlig
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