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Diejenigen unter euch, die jeden Abend für die musikalische Rückkehr der 90er-Jahre beten, werden ihn vielleicht schon lange kennen und als Messias verehren. Seit fast 20 Jahren schraubt Figub Brazlevič nun schon an Beats. Eine lange Zeit, in der sich einiges in Rapdeutschland getan hat und dennoch kann der Wahlberliner sagen, dass er seinem Sound größtenteils immer treu geblieben ist. Nachdem sein Album-Erstling „Ersatzverkehr“ mit insgesamt 24 MCs im letzten Jahr einen perfekten Einblick in die Rap-Alternativen jenseits von Casper und Cro gab, hat es auch gezeigt, dass die Boom-Bap-Ära definitiv nicht tot ist. Wir haben den Producer in seinem Home-Studio besucht, um über sein neues Album, den Alltag und schlechte Manager zu sprechen.
motor.de: Im Video von I AM HERE erzählst du davon, dass du mal einen richtig harten Job in einer Fabrik hattest. Wie lang ist das her?
Figub Brazlevič: Das muss so 2004 oder 2005 gewesen sein, da hatte ich einen richtig beschissenen Job. Ich war in einem Hammerwerk beschäftigt und hab damals für eine Zeitarbeitsfirma gearbeitet, weil ich davor meine Ausbildung abgebrochen habe und lange arbeitslos war. Bei uns in der Gegend gab es viele Jobs mit Maschinen. Das war alles irgendwie nicht mein Ding. Das einzig Coole an dem Job war, dass ich in der riesigen Halle immer rauchen konnte.
motor.de: Hast du in deiner Jugend oft diesen Traum gehabt, dass die Musik deine Berufung ist oder hast du damals ernsthaft versucht dir “normale” Arbeit zu suchen?
Figub Brazlevič: (Grinst) Ach ja, da gab es in meiner Jugend jede paar Monate einen Tag an dem ich mich richtig schlecht gefühlt hab und dachte ich müsste die Welt umkrempeln – aber das gelang mir natürlich nie. Ich hab einfach nur etwas für mein gutes Gewissen gemacht und um meinen Eltern etwas zu beweisen. Im Endeffekt wusste ich aber schon seitdem ich mit 12 Jahren mit dem Musik machen angefangen habe, dass genau das mein Ding ist.
motor.de: Wenn man Figub-Platten hört, merkt man sofort, dass du deinen eigenen, speziellen Sound sehr ernst nimmst. Warum verbindet man mit Figub Brazlevic genau diesen dreckigen 90er-Jahre-Sound?
Figub Brazlevič: Die 90er-Jahre waren für mich die ausschlaggebende und prägende Jugendzeit. Ich glaube Leute, die in den 70er Jahren AC/DC gehört haben, hören den Kram heute auch noch. Wenn man sich einmal mit etwas identifiziert und damit sehr wohlgefühlt hat, dann wird dich diese Sache auch noch in deinen späteren Lebensabschnitten begleiten. Außerdem konnte ich damals auch nicht akzeptieren, dass sich der HipHop irgendwann verändert hat. Ich habe dann auch kurz mal ein paar andere Sachen ausprobiert, aber irgendwie kommt irgendwann immer wieder diese Walkman-Geschichte. Der Sound des Tapes war einfach meine Kindheit und dazu gehört der funky Groove der 90er-Jahre-Beats.
motor.de: Du hast letztes Jahr dein Remix-Album Ersatzverkehr veröffentlicht und auf der Platte sind sehr viele deutsche Rapper vertreten, wie beispielsweise SSIO, Fatoni oder Dillon Cooper. Gibt es darunter einen Künstler, bei dem du besonders Stolz warst, dass du mit ihm einen Song machen konntest?
Figub Brazlevič: Auf jeden Fall Döll! Den Song mit ihm finde ich sehr gelungen, weil ich mich da wirklich in das Thema reingehängt habe, damit harmonisch wirklich alles passt. Ich bin einfach super stolz auf den Song. Aber es gibt jetzt auch keinen Song den ich bereue oder so. Ich habe die Mischung selbst zusammengestellt und bin auch absolut zufrieden damit.
motor.de: Wie sieht eigentlich dein Alltag aus? Lebst du eine normale Arbeitswoche von Montag bis Freitag und stehst früh auf, um dich wieder an einen neuen Beat zu setzen?
Figub Brazlevič: Ich habe keinen routinierten Alltag. Manchmal arbeite ich auch erst in der Nacht, weil ich dann einfach meine Ruhe habe. Tagsüber habe ich auch viele andere Sachen zu tun, da ich eben auch keinen Manager habe. Bis auf mein Booking habe ich immer alles selbstgemacht. Sogar die meisten Videos sind selbst gedreht und geschnitten.
motor.de: Ist es für dich etwas Schlechtes einen Manager zu haben?
Figub Brazlevič: Wenn du 50/50 hast dann ja (lacht). Es kommt natürlich darauf an, wie gut der Manager ist und was er dir bringen kann. Ich wünsche mir für mich manchmal einen Scout, der Dinge vorahnt und genau weiß wie ich ticke. Der kann dann die Sachen soweit vorbereiten, damit ich nur noch hinkommen muss. Ich finde ich es wichtig, dass man sich nicht für jeden Scheiß verbiegt. Ich sage auch mal Aufträge ab, obwohl sie mir wahrscheinlich Erfolg, ein paar Punkte bei der GEMA oder eine Chartposition einbringen könnten. Wichtiger ist am Ende, dass ich mich für keinen meiner Song schämen muss.
motor.de: Was sind deine nächsten Pläne in den kommenden Wochen?
Figub Brazlevič: Ich muss ich mich noch um meine eigene Veranstaltungsreihe – die East-West Sessions – kümmern. Danach habe ich dann eine Tour mit Teknical Development, der auch schon ein Teil von Man Of Booom war. Wir haben vor 3 Jahren ein Album gemacht, das schon ewig fertig war. Schon krass, aber wir haben es echt nicht eher geschafft, die Songs zu veröffentlichen. Am 04.12.15 kommt die Platte jetzt endlich raus und danach wollen wir ein paar Shows spielen.
motor.de: Das Cover ist ja sehr künstlerisch und symbolisch. Was steckt dahinter für eine Geschichte?
Figub Brazlevič: (Lacht) Wir hatten ja 3 Jahre Zeit und haben immer wieder darüber nachgedacht, welches Bild wir für die Platte nehmen. Dann habe ich irgendwann die Idee gehabt, dass Tauben die idealen Viecher sind. Das passt irgendwie, da die auch immer mit dem Kopf nicken und auf der Straße abhängen. Wir haben uns später dafür entschieden zwei Cover zu machen. Die Frontseite mit der Taube und die Rückseite mit der Katze. Die beiden Tiere ergeben einen guten Gegensatz und passen auch zu unseren persönlichen Eigenschaften. Außerdem gibt es darüber hinaus noch genug Interpretationsfreiheit, da Katzen ja eigentlich Tauben jagen.
motor.de: Nur noch eine letzte Frage: Wo würdest du dich sehen, wenn es mit der Musik bis heute nicht geklappt hätte?
Figub Brazlevič: Ich hoffe nicht bei meinen Eltern (lacht). Ich freue mich, dass es so gelaufen ist und dass es weiter läuft. Vielleicht würde ich sonst einen Modelleisenbahnladen haben oder sowas. Ich möchte es mir echt nicht vorstellen…
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