William Fitzsimmons verzaubert mit seiner sanften Stimme momentan Folk- und Indie-Fans gleichermaßen, würde seine Songs aber auch für den Werbespot eines “tollen deutschen Autos” hergeben.
Über William Fitzsimmons gibt es so einiges an Geschichten zu erzählen. Nicht nur, dass er der Sohn blinder Eltern ist und somit schon früh in seinem Leben besonderen Wert auf die Klangwelten gelegt hat, die ihn umgeben, sondern auch, dass er von Berufswegen her eigentlich Psychotherapeut ist. Auf “The Sparrow And The Crow” verarbeitet er überdies die Scheidung von seiner Frau. Um heraus zu finden, ob er wirklich einer der “oddest people you will ever meet” ist, traf motor.de William Fitzsimmons vor seinem Konzert auf dem diesjährigen Immergut Festival und sprach mit ihm unter anderem über den richtigen Drink zu seinen Platten und – anlässlich der lokalen Umstände – das beste Mittel um Mücken abzuwehren. Darüberhinaus zeigte sich, welch symphatischer Zeitgenosse er ist.
motor.de: Wie gefällt dir das Immergut Festival bisher?
William Fitzsimmons: Ich liebe es! Ich lebe ja selbst in der Natur, wenn ich nicht gerade auf Tour bin. Leider finden die meisten Shows in größeren Städten statt. Menschen leben nun mal in Städten (grinst). Aber es wäre toll, mehr Shows wie diese zu spielen.
motor.de: Ist das Immergut so etwas wie die perfekte Location für ein William Fitzsimmons-Konzert?
William Fitzsimmons: Definitiv. Ich denke meine Musik funktioniert besonders an Orten, an denen es ruhiger ist. Wenn ich zum Beispiel Folk-Musik höre, tue ich das auch vor allem an Orten wie diesem oder flüchte zumindest in meinen Gedanken dort hin.
motor.de: Eine weitere passende Situation um deine Musik zu hören, ist es, sich am Ende des Tages zu Hause bei einem Drink zu entspannen. Welchen Drink würdest du uns zu einer William Fitzsimmons-Platte empfehlen?
William Fitzsimmons: (auf deutsch) Deutsches Pils! (lacht)
motor.de: Bevorzugst du eine spezielle Marke?
William Fitzsimmons: Ich habe ein Lieblingsbier aus Deutschland aber ich erinnere mich nie an den Namen. Es hat einen Mönch auf dem Etikett. Aber eigentlich bin ich eher der Whisky-Typ. Wenn es um Bier geht, ist Deutschland natürlich das Land schlechthin aber ansonsten würde ich ein gutes Glas Whiskey empfehlen.
motor.de: Die Songs auf „The Sparrow And The Crow“ sind einerseits melancholisch, aber auf der anderen Seite haben sie auch einen optimistischen Blick. Sind sie zu 100% autobiographisch? Und stehen sie exemplarisch für deinen Blick auf die Dinge, wie sie momentan sind in deinem Leben?
William Fitzsimmons: Sehr gute Frage. Leider sind sie zu 100% autobiographisch. Ich wünschte, sie wären es nicht, denn eine Scheidung zum Beispiel ist keine tolle Sache. Es gibt viele großartige Songwriter, die in ihren Stücken Geschichten über andere Menschen erzählen können. Aber ich glaube da bin ich ziemlich schlecht drin.
motor.de: Hast du es jemals versucht?
William Witzsimmons: Nicht wirklich, da ich genug eigene Probleme hatte, die ich irgendwie verarbeiten musste. Ich mag es auch, wenn das, was in einem Song erzählt wird authentisch ist. Zum Beispiel auf „Pink Moon“ von Nick Drake – einer meiner Lieblingsplatten – fühle ich als Hörer sofort, dass seine Traurigkeit echt ist, da ich weiß, dass er mit schweren Depressionen und Selbstmordgedanken zu kämpfen hatte. Die Songs auf „The Sparrow And The Crow“ habe ich vor einiger Zeit geschrieben und somit sind sie eher Momentaufnahmen. Aber gerade die neueren Sache die ich schreibe, sind nicht so traurig, dass man sich direkt umbringen will, wenn man sie hört. (lacht)
motor.de: Erzähl uns ein wenig über dein Leben in Illinois. Was machst du, wenn du nicht auf Tour bist?
William Fitzsimmons: (Während die Interviewer von Mücken befallen werden…)Ihr macht einen tollen Job, Jungs. Ich sehe wie ihr kämpft. (lacht) Aber zurück zur Frage. Ich gehe häufig Angeln und verbringe Zeit zu Hause. Auf Tour ist alles sehr hektisch und ich mag es dann, zu Hause ein wenig Zeit am gleichen Ort zu verbringen. In der Nähe von Jacksonville gibt es viele tolle Flüsse und Seen.
motor.de: Ist das Angeln eine Quelle der Inspiration oder versuchst du dabei eher ein wenig Abstand vom Touralltag zu bekommen?
William Fitzsimmons: Eher letzteres. Es ist eine tolle Art Abzuschalten, auch wenn die Mückenplage dabei ähnlich schlimm ist wie hier. In Illinois reagieren sie nicht einmal mehr auf Mücken-Spray. Ich habe aber einen Geheimtipp, auch wenn er peinlich ist – Vanille-Deo.
motor.de: Hast du welches dabei?
William Fitzsimmons: (lacht) Leider nicht, sonst würde ich euch sofort welches geben.
motor.de: Bekannt wurdest du unter anderem dadurch, dass ein Song von dir in der Fernsehserie „Grey’s Anatomy“ zu hören war. Gibt es eine Sendung, deren Produzenten du es nicht erlauben würdest, einen Song von dir zu nutzen?
William Fitzsimmons: (grinst) Auch eine sehr gute Frage. Wahrscheinlich all die Sachen, die wirklich hohl und lächerlich sind. Es gibt viele Sendungen, bei denen ich wegschalte. Viele Künstler würden ihre Musik generell nicht für so etwas her geben. Tom Waits zum Beispiel. Ich respektiere das natürlich aber auf der anderen Seite bin ich damals etwa nur auf Nick Drake gestoßen, weil einer seiner Songs in einer Volkswagen-Werbung lief. Es wäre interessant, was er dazu sagen würde, wäre er noch am Leben. Denn was ist besser? Dass er weitgehend unbekannt bleibt oder dass viele Menschen diese großartige Musik kennenlernen?
motor.de: Du hättest also auch kein Problem, wenn einer deiner Songs in einem Werbespot zu hören wäre?
William Fitzsimmons: Nicht, wenn es sich um ein tolles deutsches Auto handelt. (lacht) Etwas anderes wäre es natürlich, wenn es um einen Waffenhersteller oder ähnliches ginge. Wie gesagt, das Endresultat zählt. Und wenn man an seine Kunst glaubt, sollte man versuchen, dass sie die Aufmerksamkeit bekommt, die sie verdient.
motor.de: Da wir vorhin kurz bei Tom Waits waren: Er hat ja seinerzeit den Soundtrack für den Film „Night On Earth“ von Jim Jarmusch beigesteuert. Wärst du auch gern einmal in einem solchen Film zu hören?
William Fitzsimmons: Natürlich! Jim Jarmusch, Zach Braff oder auch P.T. Anderson, der Regisseur von „Magnolia“, sind großartig. Es gibt bestimmte Regisseure, denen würde ich all meine Platten geben, wenn sie mich fragen (lacht).
Interview: Thomas Kasperski
Fotos: Christoph Berger
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