Der Songwriter William Fitzsimmons entpuppt sich auf seiner Tour als geborener Entertainer. motor.de war dabei und wurde Zeuge eines wahren Emotions-Spagats.

Der Mann aus Jacksonville, Illinoise ist ein Leisetreter. Es gab keine großen Stories in den großen Musikmagazinen, keine mediale Omnipräsenz von William Fitzsimmons im Vorfeld seiner Deutschlandtour durch 19 Städte. Aber gute Kritiken seines neuen Albums „Goodnight“ und das Flüstern auf der Straße reichten aus für ausverkaufte Clubs.

Vor eng gequetschten Zuschauern stellt er seine Umhängetasche auf der Bühne neben sich ab und tauscht sie gegen Gitarre und Mikrofon. Eine Situation in die William Fitzsimmons scheinbar hineingeboren wurde. Denn sich mit wunderbarem Songwriting von der Masse der Solomusikanten abzuheben ist das eine. Seine traurigen Stücke aber so zu präsentieren, dass die Konzertbesucher nicht wissen, ob sie die Träne auf ihrer Wange gelacht oder geweint haben, ist eine andere.

Klar erfüllt Fitzsimmons auf der Bühne zunächst ein Songwriter-Klischee. Er behandelt die Saiten zärtlich und bedacht. Aus einem Rauschebart, haucht er seine Melodien und Zeilen voller Niedergeschlagenheit bis in die letzte Ecke des Raumes. Das Publikum macht keinen Mucks. Man ist gemeinsam berührt von soviel Tiefe, hängt an seinen Lippen und die Blicke kleben an der bärtigen, bebrillten Gestalt.

William Fitzsimmons – Everything Has Changed (live)

Geträumt wird aber nicht länger als eine Songlänge. Hält man Fitzsimmons eben noch für einen der bewegendsten Trauerklöße der Welt, schafft er es kaum den nächsten Song ohne einen Scherz anzusagen. Ein Kalauer jagt den nächsten. Die Pointen gehen auf Kosten aller. Mal lacht das Publikum über den eigenen miserablen Mit-Gesang, mal muss der einzige Mitmusiker leiden, aber meistens zieht sich William Fitzsimmons selbst durch den Kakao. Sein Germanistikstudium und die trotzdem mangelnden Deutschkenntnisse dienen ihm als schier endlose Joke-Ressourcen. So wirkte seine Version des Kinderlied-Klassikers „Mein Hut, der hat drei Ecken“, ob freiwillig oder nicht, urkomisch. Aber mit dem ersten Akkord des nächsten wunderbaren Trauerspiels verstummt jedes Gelächter.

William Fitzsimmons hat ihn also drauf, den Emotions-Spagat als Live-Kunststück. Eine unterhaltsame Gabe, mit der er das Klischee von dauerdepressiven Songwritern in lautes Lachen auflöst. Am Ende des Abends stellt er sich am Merchandise zur Konversation bereit. Ein kommunikativer Typ, den auch zwanzig Gespräche pro Minute nicht erschrecken. Uns verrät er später lächelnd: „Ich finde die Witze wichtig! Die Leute sollen ja nicht weinend aus meinem Konzert gehen.“

Florian Sievers