Tataaa. Wir sind Helden sind zurück.

Die Band, die sich letzten Herbst zurückzog, um Windelwechseln zu lernen, kindgerechte Busse zu entwerfen und ganz nebenbei eine neue Platte aufzunehmen, kommt außerordentlich ausgeruht aus der Babypause zurück.

Und ausgeruht heißt in diesem Fall: mit entwaffnender Klarheit und Direktheit. Wer zur neuen Platte eine sanftmütige Muttersau Holofernes samt väterlich lächelnder Mithelden erwartet, wird von „Soundso“ überrascht sein, denn die dritte Helden -Platte ist zwar freundlich, aber sehr bestimmt.

Die Musik auf „Soundso“ nimmt keine Gefangenen – ohne Angst vor Größe, Schönheit und generellem Wumms. Und schamloser denn je bedienen sich die Helden des Absurden, schrecken vor Meatloafgitarren, Saxofonsoli, Dosenstreichern, schmoovem Duettgesang, donnernden Arbeiterchören und deutsch singenden Backgroundsängern mit englischem Akzent (Hair luss deezn Kneelch un mere foroober gain) nicht zurück.

Und die Texte, die holofernesschen, strahlen eine neue Qualität von Selbstsicherheit aus, von Selbstverständlichkeit und Selbstvergessenheit. Sie sagen, was sie sagen wollen, für die, die es hören wollen.

Und wenn Texte und Musik zusammenkommen, kann man sich nur wundern, wie gut das funktioniert: so viele im besten Sinne „unterhaltungsferne“ Themen so gnadenlos unterhaltsam zu verpacken.

Tanzt (und knutscht und weint und fahrt Auto und putzt und singt und lacht) also bitte zu Liedern über:

die Konstruktion von Identität, Soundso
die zwingende innere Logik des Arbeitsbegriffs, (Ode) An die Arbeit
Krieg, Der Krieg kommt schneller zurück, als du denkst
Die Instrumentalisierung von Angst Endlich ein Grund zur Panik
Konkurrenz als tabuisiertes Gefühl, Die Konkurrenz
die indigene Überlegenheit von Schachclubmitgliedern, The Geek (shall inherit)
Bindungsängste, Für nichts garantieren
Gartenbau, Labyrinth
das Phänomen der Resilienz bei Kindern aus schwierigen Familienumständen, Kaputt
das Aufgeben aller Widerstände und die bedingungslose Hingabe an die Wirklichkeit, Hände hoch
den Wunsch nach Auflösung, Lass uns verschwinden
und die generelle Unzulänglichkeit von Worten, Stiller

Oder nicht. Viel Vergnügen!

Ach so, und die neue Platte heißt also Soundso.

Wieso? Wieso nicht. Weil ein Album eben soundso heißen muss, soundso sein, soundso klingen. Genau wie wir, also ihr, also ein Mensch. Oder ein Ding. Oder eine Idee.

Das Album heißt Soundso, damit man sagen muss: kennste schon Soundso? Und: Soundso gefällt mir besser/nicht so gut als/wie Dingsbums, hier, na, die mit „Guten Tag“ und „Nur ein Wort“. Und vor allem heißt es Soundso nach dem gleichnamigen Lied, das vom Soundsoseinmüssen handelt.

Jean – Michel Tourette: „Bei der Suche nach dem Albumtitel haben wir gemerkt, dass wir keinen Namen finden konnten, der dem ganzen Album gerecht wird, dass jeder Vorschlag irgendetwas zusammen zu fassen schien, dass sich nicht zusammenfassen lassen wollte. Wenn ein Name zur Hälfte der Lieder gepasst hat, ist irgendein anderes Lied aus der Reihe getanzt und hat unwirsch „Äh, ich aber nicht.“ gemurmelt“.

Mark Tavassol: „Als wir über dieses „nicht benennen können“ oder „nicht vereinfachen wollen“ geredet haben, fiel uns auf, dass wir damit aus Versehen doch über einen roten Faden gestolpert waren –wenn sich nämlich irgendetwas durchzieht, dann ist es das: die Beschäftigung mit Außen- und Innenwahrnehmung, mit Subjektivität, mit dem Festreden von Identität.“

Pola Roy: „Neben den Liedern, die auch bei diesem Konzept weiter „Äh, ich aber nicht“ sagen, sind sich eine Menge Lieder dann doch einig darin, dass sie Vorstellungen an den Kragen gehen wollen. Den Vorstellungen, die wir uns von Anderen und uns Selbst machen (Soundso, The Geek (shall inherit), Kaputt) von dem, was ein gutes Leben ausmacht (An die Arbeit, Die Konkurrenz), Vorstellungen, die uns austricksen und in die Irre führen (Endlich ein Grund zur Panik, Der Krieg kommt schneller zurück, als du denkst). Und am Ende landet man bei der Sehnsucht danach, alle Vorstellungen fallen lassen zu können und in etwas aufzugehen, das ohne Sprache und Namen auskommt (Hände hoch, Lass uns verschwinden, Stiller).

Judith Holofernes: „Ich habe mich immer dafür interessiert, was Menschen glücklich macht, was wir alles ausprobieren, um glücklich zu werden, und wie Vieles davon nicht funktioniert. Wir machen uns so viele Vorstellungen von uns, von den Anderen, vom Soundso -Sein der Welt. Und wenn man genauer hinschaut, merkt man, dass keine dieser Vorstellungen Wirklichkeit abbildet. Dass es uns, obwohl wir es uns selbst ausgedacht haben, noch nicht mal in die Nähe von echtem Glück bringt.“

Wenn man also Platten ein Soundsosein unterstellen möchte, und wir können ja nicht anders, könnte man vielleicht sagen: Glücksforschung haben die Helden auf allen drei Platten betrieben. Auf „Die Reklamation“ ein bisschen mehr im Außen. Auf „Von hier an blind“ hauptsächlich im Innen. Und auf „Soundso“ im Innen und Außen und Dazwischen.

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