“Der Prophet gilt nichts im eigenen Land” – mit diesen Worten kündigte der Chef der Plattenfirma neulich Timo Maas an. Das ist natürlich ein leicht übertriebenes Bild, aber in der Tat hat man manchmal das Gefühl, dass der Hannoveraner, der in New York gefeiert wird, bei Naomi Campbells Geburtstag auflegen darf und bereits für den Grammy nominiert wurde, hierzulande immer noch im Schatten von Kollegen wie Paul van Dyk oder Westbam steht.

Mit seinem zweiten Artist-Album ‚Pictures’ könnte sich daran nun gehörig etwas ändern – was auch an den spannenden Gästen liegt, die der DJ und Produzent ans Mikro gebeten hat. “Am Anfang des Albums hatten mein Partner Martin Butrich und ich natürlich eine Wunschliste mit wem wir arbeiten wollten,” erzählt Maas im Interview. “‘Enter My World’ beispielsweise haben wir mit Tori Amos im Hinterkopf produziert. Das war zu der Zeit, als wir gerade die Grammy-Nominierung für den Remix ihres Songs “Don’t make me come to Vegas” bekommen hatten. Eigentlich waren wir davon ausgegangen, dass sie mindestens Interesse an einer Zusammenarbeit hat, aber dem war nicht so. Da kam so gar kein Feedback. Aber weil der Song auch so schön und eigenständig war, haben wir ihn eben instrumental aufs Album genommen.”

Andere Kollegen ließen sich dagegen nicht lange bitten. Kelis beispielsweise, die schon auf Timo Maas’ erstem Album ‚Loud’ zu hören war. “In der Zwischenzeit hatte sie aber mit ‚Milkshake’ und ‚Trick Me’ ihre eigenen großen Hits, was die Sache natürlich nicht gerade erleichtert hat. Aber als ich sie endlich mal am Telefon hatte, hat sie sofort begeistert zugesagt. Allerdings hatte sie keine Zeit, nach Hannover zu kommen. Selbst als sie in Deutschland war, war ihr Kalender zu vollgepackt mit Presseterminen. Also hat sie die Aufnahmen in New York und Atlanta gemacht, was ja in Zeiten von MP3 alles kein Problem mehr ist.”

Außerdem gibt es auf ‚Pictures’ ein Wiederhören mit der wunderbaren Neneh Cherry, die in letzter Zeit selbst vor allem als DJ tätig war und sich nach einer gemeinsamen Partynacht von Maas zu dem Song ‚High Drama’ überreden ließ. Und schließlich ist da natürlich noch Placebo-Sänger Brian Molko: “Wir kannten uns schon, weil ich mehrfach Remixe für Placebo gemacht habe, etwa von ‚Twenty Years’ oder ‚Special K’. Für Brian war diese Zusammenarbeit jetzt genauso ein Experiment wie für uns, und es lief so gut, dass aus dem einen geplanten Song schließlich drei geworden sind. Und wir haben sogar noch ein Stück fürs nächste Placebo-Album gemacht, das die Jungs gerade produzieren. Die Band und wir sind da auf eine gewisse Art und Weise, etwa was unser Verständnis von Coolness angeht, wirklich musikalische Seelenverwandte.”

Die erste Single ‚First Day’, zu der Molko den Gesang beigesteuert hat, hat jedenfalls reichlich Hit-Potential, sowohl für Placebo- wie für Elektrofans. Und sie ist ein idealer Vorbote für ein abwechslungsreiches Dance-Album, dass sich von Rock, HipHop und Pop ebenso hat beeinflussen lassen wie von Trance und House, ohne dabei langweilig oder willkürlich zu wirken. So macht man sich Freunde!

Text: Patrick Heidmann