Die Informationen über die Newcomer AK4711 sind spärlich gesät. Ein Wort hebt sich jedoch heraus wie ein anmutender Wolkenkratzer. “Trümmer-Pop” nennen die vier Mädels ihren Sound und hoffen, dass ein jeder versteht, worum es geht: Wortwitz, Poesie und Parolen. Im persönlichen Gespräch erzählt Sängerin Anja, was es damit auf sich hat.

Euer Debüt-Album “Erste Hilfe” sucht den Weg nach vorn: direkte Messages, clevere Texte und musikalisch genreübergreifend. Dabei klingt ihr offen und ausgetüftelt zugleich…
Anja: Die Songs entstehen meist sehr spontan. Fällt uns ein toller Text oder ein gutes Riff ein, spinnen wir daraus möglichst gleich einen Song und versuchen diesen ohne große Umwege auf den Punkt zu bringen. Dabei gibt es keine stilistischen Einschränkungen. Was zählt, ist die Idee, und dieser möglichst gerecht zu werden. Natürlich tüfteln wir an den Songs auch herum, aber das Spontane darf eben nicht verloren gehen – im Studio, wie auch auf der Bühne.

Auf den Brettern, die die Welt bedeuten, habt ihr euch längst einen Namen gemacht. Was waren deine Eindrücke vom bisherigen Tourleben mit AK4711?
Anja: Uns gibt es seit knapp zwei Jahren und wir haben von Anfang an sehr viele Gigs und Festivals gespielt. Dabei gab es schöne Momente und positives Feedback, aber auch Leute, die mit unserer Musik nichts anfangen können oder sie gar zum Kotzen finden. Dagegen haben wir nichts – wir polarisieren gerne.

Apropos Polar. Ihr habt beim Label ‘Grönland’ unterzeichnet, und Labelchef Herbert Grönemeyer nahm AK4711 persönlich unter Vertrag. Wie kam es dazu?
Anja: Als wir unsere ersten Demos fertig hatten, begannen wir bei den Labels anzufragen. Wir schickten denen das Tape in einem Paket mit einem Video und allen weiteren Informationen über die Band. Als Grönland anfragte, waren wir eigentlich schon fast vergeben, doch wir wollten uns das unbedingt anschauen und folgten ihrer Einladung nach London. Das Treffen verlief sehr gut und wir fühlten uns dort prima aufgehoben. Herbert versicherte, dass wir völlig freie Hand hätten bei allem, was die kreativen Belange der Band betrifft. Das ist für jeden Künstler natürlich ein Traum.

Den Produzenten für eurer Debüt “Erste Hilfe” – Andy Gill von Gang Of Four – hat euch dann aber Herbert Grönemeyer vor die Nase gesetzt?!
Anja: Ja, und da hatten wir gar nichts dagegen. Es war für uns eine Ehre, mit Andy zusammenzuarbeiten. Er verstand es, unsere Mischung aus Pop, Rock und Elektronik perfekt umzusetzen.

Referenzen wie die NDW-Band Ideal oder ganz aktuell mit Wir Sind Helden sind nicht wirklich fern. Fühlt ihr euch in dieser Tradition wohl?
Anja: Das sind coole Bands, aber wir stehen eher für uns selbst. “Erste Hilfe” kann man nur schwer in irgendwelche musikalischen Schubladen stecken und das liegt hauptsächlich daran, dass es innerhalb der Band sehr verschiedene Musikgeschmäcker gibt: von Disco-Sounds bis hin zu eher harten Rock-Riffs ist alles vertreten.

Eure Texte sind ebenfalls sehr vielseitig: Geld, Politik, Liebe und sexuelle Anspielungen. Letzteres wird sehr offen behandelt und könnte schnell falsch verstanden werden?!
Anja: Wie meinst du das?

Dass die Ironie nicht als solche wahrgenommen wird und ihr vielleicht als leichte Mädchen hingestellt werdet…
Anja: (überlegt) Natürlich passiert es, dass mancher Text nicht verstanden wird, aber das Risiko gehen wir ein. Wir spielen gerne mit allen möglichen Klischees und wer uns darauf reduziert, hat eben nicht genau hingehört.

An Aufmerksamkeit wird es euch in nächster Zeit nicht mangeln, oder?
Anja: Stressig wird es auf jeden Fall, aber schlafen können wir auch noch am Ende des Jahres.

Text: Marcus Willfroth