“Immer wenn wir anfangen uns zu erfolgreich zu fühlen, werden wir übermütig und denken, dass wir alles Mal probieren müssten. Wir konzentrieren uns dann nicht mehr darauf, warum die Leute uns mögen.” Wirklich nachdenklich sieht Tim Wheeler gerade nicht aus. Die Zeit des Reflektierens scheint im Hause Ash bereits abgeschlossen zu sein. ‚Twilight Of The Innocents‘ steht in den Startlöchern und wird vorerst das letzte Studioalbum der nord-irischen Band sein. Ab jetzt wird die Band nach der Veröffentlichung ihres aktuellen Albums nur noch Singles veröffentlichen.

Das ist eine Neuerung unter vielen im Hause Ash. Neben der neuen alten Dreierbesetzung. Auf einmal ist die Meldung da gewesen – Ash sind wieder zu Dritt. Raus ist die Gitarristin Charlotte Hatherley und zurück bleibt das Ursprungs-Gerüst bestehend aus Tim Wheeler, Mark Hamilton und Rick McMurry. Nach dem eher mäßig erfolgreichen Album ‚Meltdown’ muss Platz für Neues geschaffen werden. Die Gitarren-Soli wandern in den Schrank und Tim und seine Mannen konzentrieren sich wieder auf das was sie am Besten können – gute Songs schreiben.

Und darin sind sie wirklich gut. Erinnern wir uns nur an ‚Girl From Mars’, ‚Oh Yeah’, ‚Shining Light’ oder ‚Burn Baby Burn’. ‚Twilight Of The Innocents’ versucht an diese Lieder anzuknüpfen und es gelingt fast immer. Alles rund um das neue Album, den Weggang von Charlotte Hatherley und dem Neubeginn könnt ihr hier nachlesen.

Habt ihr jemals daran gedacht, euch eine neue Person ins Boot zu holen nachdem Charlotte die Band verlassen hat bzw. gegangen wurde?

Tim: Wir wollten niemand Neues haben. Wir drei kennen uns so lange und stehen uns so nah, dass es für Externe zu schwer wäre, sich in unserer Band zu Recht zu finden. Wir wollten uns nicht wieder erst zwei Jahre an jemand Neues gewöhnen. Wir wollten wieder unsere Ursprungsbesetzung haben. Als Test haben wir ein paar Gigs in New York gespielt, die sehr gut gelaufen sind. Es klingt immer noch sehr massiv. Ein paar Songs klingen jetzt etwas anders, was cool ist. Bei Live Shows muss nicht alles wie auf Platte klingen.

‚Meltdown’ war kein wirkliches Erfolgsalbum. Irgendwie erweckt ihr das Gefühl, als ob ihr immer nach einem guten Album ein mäßiges veröffentlicht.
Tim: Immer wenn wir anfangen uns zu erfolgreich zu füllen, werden wir übermütig und denken, dass wir alles Mal probieren müssten. Wir konzentrieren uns dann nicht mehr darauf, warum die Leute uns mögen, sondern experimentieren wild drauf los. Nach einer Weile müssen wir dann leider feststellen, dass das nicht so gut bei unseren Fans ankommt und wir konzentrieren uns wieder darauf, was wir gut können und was natürlich entsteht.

Meltdown war eigentlich dein cooles Rock-Album oder?

Tim: Zu dem Zeitpunkt waren wir fernab der Realität. Wir waren viel zu lang in Amerika auf Tour.

Der Umzug nach New York war demnach aber gut für dich oder? Hat die Realität dich dort wieder eingeholt?
Tim: Es war gesund. Ich hatte eine richtige Pause. Ich war mir bewusst, das ‚Meltdown’ nicht so gut aufgenommen wurde. Wir mussten einige Sachen verändern. Ich habe mich wieder mehr auf das Songwriting konzentriert. Bei ‚Meltdown’ haben wir uns nicht auf die Songs konzentriert, sondern eher auf das Spielen. Aber ein guter Song ist besteht nicht nur daraus, ob es Spaß macht ihn zu spielen. Gutes Songwriting war immer der Dreh- und Angelpunkt von Ash. Darum habe ich mich jetzt wieder mehr darauf konzentriert.

Ihr habt euch mit diesem Album viel Zeit gelassen und du hast das Album komplett alleine produziert, oder?

Tim: Ja, das stimmt. Wir haben es alleine produziert und niemand hat uns gesagt, wie wir was zu machen haben. Es war das erste Mal für uns, dass wir ein Album alleine produziert haben. Aber auch davor, haben wir die Songs so lange und so oft gespielt, bis sie meinen Vorstellungen entsprachen. Wir brauchten diesmal keinen Außenstehenden. Dadurch ist es ehrlicher und unverfälschter geworden. Wir haben neue Sachen ausprobiert. Ein gutes Beispiel dafür ist der letzte Song auf dem Album, an dem wir sehr lange gearbeitet haben und der sich als Experiment entpuppte. Der Song ist super, aber zuvor hätten wir nie Zeit gehabt, so lange an einem einzigen Song zu arbeiten. Für mich hat sich das gelohnt.

Würdest du sagen, dass dieses Album demnach dein persönlichstes Album geworden ist?

Tim: Es ist ein sehr persönliches Album geworden. Es zeigt tiefer sitzende Gefühle, was gute Musik einfach ausmacht. Auf ‚Meltdown’ hatte ich drauf geachtet, nicht zu persönliche Texte zu schreiben. Durch die ganzen Veränderungen, habe ich auf diesem Album vieler meiner Gefühle verarbeitet. Es ist ein ehrliches Album geworden.

Kannst du uns noch was zu der Trennung von Charlotte erzählen. Ist sie alleine gegangen, weil sie sich auf ihre Solokarriere konzentrieren wollte?
Tim: Du hast es ihr angemerkt, dass sie nicht mehr glücklich war. Sie war glücklicher, wenn sie ihre Solosachen machte. Und es hat gut geklappt. Schau dir nur an, wie sie über sich hinausgewachsen ist! Ich denke, sie musste diesen Schritt machen. Eigentlich war es nur noch eine Frage der Zeit, wann sie es machen würde. Sie hatte noch nicht die Courage, uns zu sagen, dass sie sich nur noch auf ihre Solokarriere konzentrieren will. Es wäre irgendwann passiert. Dieses Album ist so wichtig für uns und jeder in der Gruppe musste sich dafür komplett auf Ash konzentrieren. Ich dachte, dass es die beste Sache für sie wäre. Ihr Herz war schon woanders. Nach ‚Meltdown’ mussten wir uns einfach wieder vollends auf Ash konzentrieren. Es ist so viel passiert in der Zeit. Wir sind nach New York gezogen. Sie hatte uns angeboten, dass neue Album mit uns zu betouren, aber nicht auf der Platte zu spielen. Aber so funktioniert das nicht. Die Veränderung musste passieren und Veränderungen sind gut. Ich denke die Welt braucht mehr gute weibliche Solokünstler. Ich habe sehr viel Respekt vor ihr. Jeder geht als Gewinner hervor. Unsere Fans bekommen zwei Alben anstelle von einem.

Text: Tanja Hellmig