Baby Universal im motor.de-Interview über ihren Guerilla-Gig in der Leipziger Mensa, ihr Debüt-Album und musikalische Vorbilder.


Am 05. August haben Baby Universal und motor.de die Leipziger Mensa gestürmt und die Jungs inmitten der verblüfften StudentInnenschaft eine Guerilla-Performance ihres Songs „Dance Radio“ hingelegt (motor.de berichtete). Anschließend nahmen sich die sympathischen Hallenser die Zeit, um im Interview unter anderem über die außergewöhnliche Aktion, ihr aktuelles selbstbetiteltes Album und die Amerika-Affinität von Sänger Cornelius Ochs zu sprechen.

motor.de: Ihr kommt gerade direkt von eurem Guerilla-Gig in der Leipziger Mensa. Wie war euer Gefühl?

Hannes: Es war großartig. Ein bisschen wie ein Boxkampf bei dem man den Gegner nicht kennt. So ein offener Schlagabtausch. Ich fand das sehr beeindruckend.

motor.de: Es war aber nicht das erste Mal, dass ihr so eine Aktion gestartet habt. Wann habt ihr das letzte Mal etwas Vergleichbares durchgezogen?

Hannes: Das ist schon ein paar Jahre her. Früher haben wir öfters mal unser Equipment auf einen Anhänger geladen und waren dann in Hamburg oder Berlin unterwegs um ähnliche Guerilla zu starten.

motor.de: Und wie waren da die Reaktionen?

Hannes: Damals hatte sich innerhalb von 30 Sekunden die Straße komplett mit Menschen gefüllt und die Autos kamen nicht mehr durch. Da war dann kurzzeitig Ausnahmezustand. Nach drei Songs mussten wir zwar weiter ziehen, weil dann die Bullen kamen, aber es war auf jeden Fall ein großer Spaß (grinst).

Baby Universal bei BalconyTV


motor.de: Wie fändet ihr es denn, wenn ihr zum Beispiel in einem Cafe säßet und plötzlich eine Band hinein stürmt und los legt. Würdet ihr auch aufspringen und mit machen?

Cornelius: Ich finde es generell immer gut, wenn mal etwas Unerwartetes passiert. Gerade in der heutigen Zeit, in der ja alles komplett durchgeplant ist, sollte man den Leuten ab und zu zeigen, dass es Dinge gibt die man nicht kontrollieren kann. Darum sollte es im Rock’n’Roll schließlich auch gehen und deshalb sind solche Aktionen genau das Richtige.

motor.de: Ihr seid ursprünglich aus Halle, aber habt auch ein eigenes Studio in Berlin. Ist das mittlerweile so etwas wie eure zweite Heimat geworden?

Hannes: Das Studio gehört unserem Produzenten, mit dem wir schon sehr lange zusammen arbeiten. Wenn wir eine Platte aufnehmen, arbeiten wir 30 Tage am Stück sehr intensiv. Es gibt dort auch kleine Wohnung mit Betten drin, in der wir in der Zeit dann wohnen.

motor.de: Im Song den ihr gerade performt habt, heißt es „Dance Dance Dance To The Radio“, da kommen einem unweigerlich Joy Division in den Sinn. Ist diese Intertextualität bewusst gewählt?

Cornelius: Wir kommen alle aus sehr unterschiedlichen Ecken aber Joy Division sind definitiv eine Band, die uns sehr inspiriert hat. Wir arbeiten auch absichtlich mit solchen Zitaten. Das haben Songwriter ja auch in der Vergangenheit schon gemacht, also bestimmte Zeilen von anderen Bands erneut aufgegriffen.

motor.de: Joy Division sind ja eine britische Band, generell scheint ihr aber eher Amerika-affin zu sein, oder?

Cornelius: Kann man schon sagen. Das hat auch damit zu tun, dass ich bevor wir uns 2006/2007 gegründet haben gerade einige Zeit in Amerika unterwegs war und dort viel Musik erlebt habe. Aber wir fühlen uns natürlich nicht nur mit Amerika verbunden. Interessant an den Staaten finde ich aber auch, dass Leute dort hingegangen sind, die eine neue Heimat gesucht haben. Für uns ist die Suche nach Heimat auch ein großes Thema, gerade in dieser globalisierten Welt.


Baby Universal (2008) sind v.l.n.r.: Tobias Lehmann (Bass), Friedrich Hentze (Percussion), Hannes Scheffler (Gitarre), Cornelius Ochs (Gesang) und Carsten Rothweiler (Schlagzeug)

motor.de: Du hast schon erwähnt, dass ihr alle aus verschiedenen musikalischen Richtungen kommt. Welche sind das?

Cornelius: Ich persönlich komme eher aus dem Punk Rock. Die anderen können das vielleicht mal selbst erklären…

Tobias: …Ich finde eigentlich, dass wir gar nicht so weit auseinander liegen. Obwohl ich meine Wurzeln vor allem in britischer Musik sehe. Aber generell stehen wir auf Gitarrenmusik. Obwohl Carsten hier eher der Sanftmütige ist. Oder Carsten?

Carsten: Stimmt. Viel Paul Weller und so. Modmusik ist mein Ding.

motor.de: Wann wart ihr denn das letzte Mal zivil in einer Uni-Mensa?

Friedrich: Noch nie eigentlich.

Hannes: Doch ich. Vor vier Wochen grad als ich Hunger hatte.

motor.de: Ich habe gelesen, dass ihr viel Wert auf Originalequipment aus den 70er Jahren legt. Stimmt das?

Hannes: Die neue Platte ist tatsächlich so aufgenommen. Auch ohne Copy/Paste-Schnitte und alles live eingespielt. Das ist einfach eine total schöne Arbeitsweise. Heutzutage hast du ja sonst überall riesige Monitore, an denen du die Musik bearbeiten kannst und unser Produzent steht eben total auf diese alte Arbeitsweise. Das ist ein ganz anderes Gefühl. Und es klingt im Endeffekt auch besser.

Baby Universal – Dance Radio (LIVE beim motor.de-Guerilla-Gig in der Leipziger Mensa)



motor.de: Was haltet ihr denn von dieser 80er Jahre-Retrowelle im Indie Rock?

Hannes: Am Ende muss Musik einfach gut gemacht sein. Heutzutage versuchen aber viele Bands krampfhaft irgendwelchen Trends nachzulaufen, was sie in meinen Augen gar nicht nötig hätten. Was mich nervt, sind auch Bands, bei denen ich 20 Sekunden einen Song höre und dann schon genau weiß, wie der weitergeht und wie die Band aussieht.

motor.de: Welche Erwartungen habt ihr hinsichtlich der neuen Platte? Ihr werdet im Moment ja auch von der VW Sound Foundation gepusht, durch deren Förderung es einige Bands schon ziemlich weit gebracht haben.

Cornelius: Es ist auf jeden Fall gut, Partner zu haben, die uns helfen, unsere Musik zu verbreiten. Schließlich wollen wir ja, dass möglichst viele Menschen sie hören. Und wir haben die Möglichkeit an Orten zu spielen, an denen wir früher nicht gespielt hätten. Aber wir bringen diese Platte in erster Linie heraus, um den Leuten unsere Musik näher zu bringen und nicht um damit Geld zu verdienen. Wir hoffen, dass das funktioniert.

motor.de: Sind denn auch Shows außerhalb Deutschlands geplant?

Cornelius: Die Tour zur Platte findet im Dezember erstmal ausschließlich in Deutschland statt. Im September spiele ich aber schon eine kleine Solo-Tour, auf der auch Dates in Frankreich und Griechenland anstehen. Anfang nächsten Jahres dann hoffentlich auch mit Baby Universal. Und ich würde gerne mit der ganzen Band nochmal nach Amerika.

Interview: Laura Gertken