Mit dem neuen Jahr machen sich Convoj aus Schweden auf, um endlich auch in Deutschland bekannt zu werden. Im Gepäck ihr Debüt “Exceptionnel”.

Es ist ein ehernes Gesetz der Popmusik, dass immer dann, wenn sich ein Hype dem Ende zuneigt, weil sich die britischen oder amerikanischen Protagonisten in der Wiederholung des ewig gleichen überbieten eine kleine Band aus Schweden daherkommt und dem Genre quasi per Defibrillation neues Leben einhaucht. Da erging es dem Eurodance mit Rednex nicht anders als dem Hardcore der frühen Neunziger mit Refused. Die Entwicklung ging nur im ersten Falle zu noch mehr und im letzteren zu möglichst wenig Prolligkeit – auch wenn das bei Eurodance eigentlich unmöglich war.

Nachdem nun also sämtliche britischen und amerikanischen Oberbestimmer des Indie-Rock 2008 mehr oder weniger erfolgreich abgeliefert haben, schickt sich Convoj aus Göteborg an, das Genre der beatseligen Stakkatogitarrenmusik 2009 aus der selbstverschuldeten Agonie zu reißen.

Convoj, das sind vier junge Herren, deren gemeinsamer Name dem aufmerksamen MySpace-User bereits vor einiger Zeit mal untergekommen sein sollte. Doch das ist lange her, ungefähr so lange wie die beatselige Stakkatogitarrenmusik nun die Indie-Charts bestimmt. Immerhin existiert die Band aus Göteborg bereits seit 2004. Im Falle von Convoj stimmt also der alte Spruch, die ersten werden die letzten sein, auch wenn der doch irgendwie anders geht. Die vergessenen Schwedenhappen liefern dieser Tage nämlich mit “Exceptionnel” ein keineswegs taufrisches Debüt ab. Die Platte lagert nun schon einige Monate im heimischen “Björklund”-Raumsparmöbel. Dass sie dort nicht für immer verstaubt ist dem unbeugsamen Willen der Band und der schrulligen Musikliebe des Labels “Wonderland Records” zu verdanken und bedanken können sich all jene, denen die Foals zu verkopft, Franz Ferdinand zu erfolgreich und die Cold War Kids zu melodramatisch sind.

Convoj – My Timekeeping Heart

Einerseits werfen Convoj nämlich eben jene altbekannten Zutaten in den musikalischen Topf, kochen daraus aber andererseits ihr ganz eigenes Süppchen. Sie machen hinkende, kratzende, schräge Musik, die sich im nächsten Augenblick mit Schönheit und poppiger Eleganz schmückt, wie ein Seidenlaubenvogel seine Balzhütte. Darüber eiert Jonathan Winblads Stimme, kippt und krächzt und fängt sich meist im richtigen Moment.

“Exceptionnel” lebt von der Unberechenbarkeit des schwedischen Quartetts. Insofern sind Convoj gar keine Vögel sondern fleißige Bienchen, immerhin verlassen sie sich nicht auf einen grandiosen Refrain und eine bis zum Erbrechen wiederholte Strophe, sondern sprengen Songstrukturen auf, spielen viel mit Timing und Tempo. “Suspense” nennt man das Verfahren im Hitchcock-Kino. Komplett neu ist das alles nicht, für rappelnden Indie-Rock aber durchaus ein Ausweg.

Timo Richard