Da hilft ja alles nichts: Auch wenn es so schön heißt, dass man einem gestohlenen Gaul nicht ins Maul schaut, müssen wir bei den Gods Of Blitz mal eine Ausnahme machen. Und das nicht nur, weil das Sprichwort hier nicht ganz richtig wiedergegeben wurde, sondern auch, weil es um einen recht schicken Gaul handelt, den die Berliner da präsentieren. Das Debüt-Album ‘Stolen Horse’ dürfte jedenfalls den ein oder anderen Musikfan zum Pferdedieb werden lassen.
Bevor wir aber unsere Leser hier zur Kleinkriminalität auffordern (für die man im Wilden Westen durchaus erschossen worden wäre), verlassen wir lieber die Welt der Wortspiele und wenden uns ganz ernsthaft den Gods Of Blitz zu, die ganz irdisch und ohne Klepper auf Fahrrädern und im Uralt-Mercedes Kombi zum Interview-Termin in eine Berlin-Kreuzberger Kneipe kommen. Schließlich wollen die erst einmal vorgestellt werden, wo es die Band doch noch gar nicht so lange gibt.
Seit ziemlich genau einem Jahr nämlich erst. Frontmann Sebastian Gaebel, auch für den Bass zuständig, hatte bereits zuvor Musik mit dem Schlagzeuger Jakob Kirch und dem Gitarristen Olli Wong bei Electric Lizard gemacht, für das neue Projekt stieß aber noch Jens Freudenberg (ebenfalls Gitarre, zuvor bei Payola aktiv) hinzu. Bis heute hat es kaum Auftritte in Berlin gegeben, dafür aber eine komplette Deutschland-Tour mit Maximo Park. Und trotzdem kommt jetzt schon das Debüt-Album in die Läden, und dann auch noch über ‘Four Music’. Höchst ungewöhnlich, oder? “Unsere Manager Lars ist halt einfach zu ‘Four’ gegangen und hat denen unser Demotape gegeben”, erzählt Jens Freudenberg. Zum Glück – “denn wir hätten uns das vermutlich gar nicht getraut”. Und dann hätte die Band wohl nie erfahren, dass ‘Four’, eigentlich im HipHop und anderen Stilarten schwarzer Musik beheimatet, es ohnehin gerade mit einer Rock-Band versuchen wollten.
“Jetzt können wir uns endlich mal auf die Musik konzentrieren”, erzählt Gaebel – ein krasser Unterschied zu früher, wo die alten Bands wie Electric Lizard oder Payola ihre Platten über kleine Labels veröffentlichten und jeder Pfennig in der Bandkasse dreimal umgedreht werden musste. Ein Vorteil, den sich Bands bei großen Firmen oft teuer erkaufen: Plötzlich hat nämlich irgendein Manager ein Wörtchen mitzureden, wie die Labelinvestition nun klingt oder welches Image ihr verpasst wird. Hat bei ‘Four’ alles niemanden interessiert, betonen die Götter des Blitzes unisono. “Die wollten, dass unsere Musik nicht so glatt ist”, sagt Freudenberg. “Und dass wir so alte Männer sind, hat die auch nicht gestört.” Offenbar soll hier tatsächlich eine Band aufgebaut werden: eine, die sich nicht über Singles verkaufen muss (auch wenn es mit ‘Greetings From Flashbackville’ im Oktober eine geben wird) und von der auch nicht die Verkaufszahlen von Max Herre oder Joy Denalane erwartet wird.
Da kann sich eine Band dann auch leisten, angenehm untrendy zu klingen. In den Plattenkritiken werden Gods Of Blitz zwar ganz gerne in Skandinavien verortet oder aber mit angesagten Kapellen von der Insel oder aus den USA verglichen, aber eigentlich ist das Unsinn. Da werden im Info mal nebenbei The Hives, The Strokes oder die Hellacopters erwähnt – und schon tauchen diese Namen als Referenzgrößen auf. Nun ja. Wenn man schon einen Vergleich bringen möchte, dann wäre der Name The Kinks kein ganz unpassender. Gods Of Blitz spielen ähnlich Song-orientiert, immer die Melodie im Blick, gleichsam rockig und aufs Nötige reduziert. Das ist nicht spektakulär, aber sehr angenehm zu hören und ergibt ein unaufdringliches gutes erstes Album.
Dass sich die Band bewusst von Trendspielarten unterscheiden möchte, wollen die Musiker allerdings auch nicht so stehen lassen. “Bei mir ist es höchstens so, dass ich mich mit einem neuen Projekt gerne von meinen alten Gruppen absetzen möchte”, sagt Gaebel. Das kann man so auch unterschreiben: Payola und Electric Lizard waren sehr amerikanisch, sehr erdig – diese Begriffe passen hier nicht. “Ansonsten ist es einfach so, dass wir vier Filter – vier Musiker – in der Band haben, die jeder Song passieren muss.” Und das ist dann auch der Maßstab in Stilfragen.
Wer jetzt genug gelesen hat und die Band auch mal live sehen will: Im Herbst sind Gods Of Blitz auf ausgedehnter Tour (auch das ein Vorteil eines Labels wie ‘Four’) und werden das Album vorstellen. Und wenn ihr da ein herrenloses Pferd irgendwo stehen seht, könnt ihr ja mal zuschlagen. Aber aufpassen und nicht erschießen lassen!
Text: Dietmar Stork
No Comment