Während die motor.de-Redaktion im Januar noch einigermaßen die Übersicht über die aktuellen Veröffentlichungen behalten konnte, haben unsere Postboten im Februar wieder alle Hände voll zu tun gehabt. Unserem ersten Platten-Sammelsurium im vergangenen Monat, folgt daher eine prall gefüllte zweite Auflage.

Der Februar bot ein breit gefächertes Angebot von alten und etablierten Acts. Ein paar gute Bekannte gaben sich ein Stelldichein – während Deichkind auf ihrer neuen Platte gewohnt konsequent zum sozialkritischen Rundumschlag ausholen, versuchten The Tings Tings eher mit Genre-Quantität als Qualität zu punkten. Ein Glück, dass man sich immer noch auf den redseeligen Kurt Wagner und seine Folk-Supergroup Lambchop verlassen kann. Oder auf die Speerspitzen deutscher Elektronik, denn die Comeback-Alben von Mouse On Mars und Terranova gerieten überraschend treffsicher und eingängig. Hochwertige Platten gab es im zweiten Kalendermonat auch von Kettcar, Air und The Twilight Sad. Zu den Interview-Highlights in diesem Monat gehörten einerseits James Mercer von The Shins, aber eben auch die Newcomer wie Cloud Boat, die sich unseren Fragen mit Bravour gestellt haben. Ja, den Musikredakteur verzückt es, wenn neue Bands sein Herz erwärmen – die Leipziger Synthie-Popper Here Is Why beispielsweise oder die norwegischen Indie-Popper Team Me versprechen Großes für die Zukunft und lassen uns auch weiterhin jeden Tag erneut auf unseren Briefträger warten.

Aufgrund der Vielzahl an Neuerscheinungen und vor allen Dingen talentierten Musikern wollen wir euch jedoch nicht nur die jeweiligen Peaks eines Monats vorstellen. Unser Platten-Sammelsurium macht es sich jeweils zum Monatsende zur Aufgabe, noch ein paar kurze Worte zu all den Alben zu verlieren, welche wir zwar auf dem Tisch liegen hatten, die aber stellenweise unter selbigen fielen – unabhängig davon, ob sie ein solches Schicksal verdient haben. Wir wünschen erneut viel Vergnügen beim Stöbern.

Ulrich Schnauss & Mark Peters – “Underrated Silence”

(03.02., Bureau B)
Die beiden Engineers-Mitglieder schwelgen in der hiesigen, post-avantgardistischen Zeit der 80er Jahre. Mit Mini-Zitaten von Kraftwerk über Neu! bis Tangerine Dream transportiert das Duo diesen Geist in die Jetztzeit und beweisen, wie dünn die Demarkationslinie zwischen Ambient und Dream-Pop ist.

Dr. Dog – “Be The Void”

(10.02., Anti)
Sechs Alben und kein bisschen leise – sollen sie ja auch nicht. Die US-Folk-Popper von Dr. Dog geben sich auf ihrem neuesten Werk vielseitig und beschwingt, von Hillbilly-Blues bis Hippie-Pop. Das lässige, aber stets auch experimentierfreudige Harmoniebedürfnis des Kollektivs steckt dabei einfach nur an.

Dapayk & Padberg – “Sweet Nothings”

(17.02., Stil vor Talent)
Der Produzent & das Model. Niklas Worgt und Eva Padbergs drittes Album hält der zeitgenössischen elektronischen Musik den Spiegel vor. Zwischen Afterhour-Drinks, Rave-Orgien und Berghain’scher Düsternis weiß das Duo viele Ideen auf den Floor zu schmeißen. Der Soundtrack für den Kickstart zum Wochenende.

Hanne Hukkelberg – “Featherbrain”

(17.02., Propeller)
Dass exzentrische Pop-Musik anstrengend sein kann, zeigte Björk im letzten Jahr. Mit ähnlichem Habitus wagt sich die studierte Jazz-Musikerin Hukkelberg an komplexe und intelligente Songs. Sie hingegen überzeugt mit ihrem elaboriertem Hang zur Dissonanz und der explorativen Verve für weirde Intimität. Wächst.

Phantogram – “Nightlife EP”

(17.02., Barsuk)
Popmusik als Schmelztiegel verschiedenster Einflüsse – Phantogram treiben das Prinzip auf die Spitze und präsentieren vielseitiges neues Material, leider nur auf EP-Länge. Es fehlt die letzte Konsequenz, aber diese Shoegaze-Psychedelic-Songs haben mit etwas Nachdruck Potential für ein gutes zweites Album.

The Excitements – “The Excitements”

(24.02., Penniman Records)
Für alle Anhänger der Daptone Records-Familie ein Muss. Die Kapelle The Excitements kopiert Sharon Jones nicht stupide, dafür versprüht ihre Mischung zwischen traditionellem Rhythm’n’Blues, impulsivem Soul und rotzigen Funk einfach eine große Portion Charisma. Ein Gute-Laune-Album par excellence.

Zoe.Leela – “Digital Guilty” 

(24.02., R A R Company)
Eingängige Pop-Melodien, die irgendwo zwischen Hundreds und Ira Atari liegen. Dazu: betörend verträumter Gesang. Es entwickelt sich eine interessante Mischung aus Synthie-Pop, TripHop und Jazz. Die Berlinerin beweist mit Vielseitigkeit und Spaß am Experimentieren ihr Gefühl für Musik. 

Peter Broderick – “http://www.itstartshear.com”

(24.02., Cooperative Music)
Über Sinn und Unsinn seiner Homepage-Idee kann man vielleicht diskutieren, über die wunderbare Musik von US-Musiker Peter Broderick hingegen nicht. Verzaubernd-melancholischer Singer/Songwriter-Sound, der mitreißt und bewegt. Alle Interessierten hören »hier schon mal in einen Song hinein.

Sly & Robbie – “Blackwood Dub”

(24.02., Groove Attack)
Jamaika feiert in diesem Jahr 50 Jahre Unabhängigkeit. Den Soundtrack liefern zwei legendäre Söhne des Landes. Aufgenommen in Kingston, weben Sly Dunbar & Robbie Shakespeare ein kontemplatives Dub-Album zusammen, das Tradition und Fortschritt vereint. Hypnotisch, meditativ, sinnlich.

Elsterclub – “The Grand Stalker”

(24.02., Velocity Sounds)
Spandau Ballet meets Human League meets Franz Ferdinand. Das Leipziger Trio Elsterclub weiß, die Zutaten von Pop nicht nur in einen Topf zu werfen, der Inhalt brennt bei ihnen auch nicht an. Gitarre, Bass und Laptop bauen entspannte, bisweilen kraftvolle Songs. Sicherlich ausbaufähig, doch talentiert.

OSSSY – “Serum” 

(24.02., Made In Germany Music)
Von Kuschel-Balladen bis Hardrock-Nummern wird hier ein kleiner Teil der klassichen Rockmusik abgegrast: Von The Darkness über Toto hin zu Meat Loaf oder auch Eros Ramazotti – alles muss wohl dabei sein. Ohne Stil und Anstand zu besitzen, bleibt am Ende nur noch das Abschalten und Wegwerfen.

Christian Naujoks – “True Life/In Flames”

(24.02., Dial)
Für sein Zweitwerk verzichtet Christian Naujoks gänzlich auf die Elektronik. Der organische Klang speist sich aus Piano und Marimba. Steve Reich und John Cage im Kopf, geraten die Songs mal in zögerliche Ekstase, mal in die Ur-Form der klangmalerischen Poesie. Ein unbedingtes Meisterwerk.

The Kabeedies — “Soap”

(24.02., R A R Company)

The Kabeedies liefern mit ihrem zweiten Album den wohl konsequentesten Nachfolger zu Vampire Weekends selbstbetiteltem Debüt. Trotzdem bleiben die Briten ihrem Stil treu und bieten feinen Indie-Pop, der wohl noch in so manchem Club zum Tanzen auffordern wird.