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Meine Alben des Jahrzehnts – Plätze 6 bis 4

6. Coldplay – A Rush Of Blood To The Head

Coldplay?” werden sich vielleicht Viele erst einmal fragen. “Was haben die denn in dieser Liste verloren?” Auf den ersten Blick gehört eine etablierte Stadionrock-Band mit einem bonoisierten Frontmann vielleicht nicht in die Reihe der besten Alben des Jahrzehnts. Doch 2002, kurz vor der Veröffentlichung von “A Rush Of Blood To The Head”, sind Coldplay in Folge ihres Debüts “Parachutes” nur eine britische Indiepop-Gruppe von vielen – bis zu ihrem zweiten Album. Denn “A Rush Of Blood To The Head” zeigt, dass das Quartett um Sänger Chris Martin nicht in irgendwelchen Clubs spielen will, sondern in den größten Arenen der Welt – ohne dabei künstlerische Ambitionen aufzugeben. Also zieht man sich nach “Parchutes” zurück und kommt etliche Monate später mit DEM Larger-Than-Life-Gitarrenpop-Entwurf für das 21. Jahrhundert wieder. Der inwändige Sound des Debüts wird zugunsten einer größeren Vision aufgegeben. Doch diese wirkt nicht aufgeblasen, sondern verleiht den Songs eine besondere Trademark, die Coldplay von anderen Bands absetzt – dazu gehört insbesondere Martins intensiviertes Klavierspiel. Dabei sind “The Scientist”, “Warning Sign” oder der Titeltrack trotz der breiten Instrumentierung intime Songs. Hier ist noch nichts von der überambitionierten Kakophonie zu hören und zu spüren, die den späteren Nachfolger “X&Y” so abfallen lässt. “A Rush Of Blood To The Head” ist wie ein wärmendes Feuer an einem kalten Wintertag, an dem man sich gut aufgehoben fühlt und gerne mehrere Stunden verbringt. Immer wieder. Und “Amsterdam” ist vielleicht der beste Song, den Coldplay jemals geschrieben haben.

5. Soulwax – Any Minute Now

Dieses Album ist 2004 seiner Zeit voraus. Als noch nicht wie in den letzten Jahren inflationär das Schlagwort “Indietronics” für die Synthese von Gitarrenmusik und Elektro gebraucht wird, schaffen die Belgier Soulwax mit “Any Minute Now” die perfekte Blaupause für eben diese Verbindung. Als Speerspitze der zweiten Generation (nach z.B. The Notwist und The Postal Service) verschmelzen die Dewaele-Brüder, Masterminds hinter der Band und auch als 2manyDJs unterwegs, ungewöhnliche, aber doch unwiderstehlich tanzbare Beats mit messerscharfen Gitarrenparts, wie der Titeltrack exemplarisch beweist. Dass zwischen der vorhergehenden Platte und “Any Minute Now” fünf Jahre vergingen, verwundert angesichts der wahnwitzigen Arrangements und vielen Tonspuren nicht. Vor allem die Abwechslung von lauten und leisen Parts haben Soulwax hier perfektioniert, was die Spannung unheimlich steigert, beispielsweise bei “Compute”. Doch nicht nur innerhalb der Tracks gibt es Abwechslung, auch das Gegenüber von einem massiven Dancefloor-Hit wie “E-Talking” und die überraschende Zerbrechlichkeit von “A Ballad To Forget” macht dieses Album außergewöhnlich. Ohne “Any Minute Now” hätten Hot Chip, Junior Boys und viele andere Indietronicer der 00er Jahre wohl nicht gewusst, wie ihre Musik klingen soll. Denn dieses Album ragt noch immer monolithisch aus der Gitarren-Elektro-See heraus.

4. The Strokes – Is This It

Mit “Is This It” beginnt 2001 alles. Es ist die Geburtsstunde des New Rock Movement, das die Elektrogitarre zurück bringt und die “Quiet Is The New Loud”-Bewegung nur zu einem kurzen Intermezzo werden lässt. Denn nach dem Debütalbum der Strokes ist loud the new loud – was eine überwältigende Anzahl an nachfolgenden The-Bands beweist. Doch die “Ur-Väter” sind die fünf New Yorker Jungs, die Röhren-Jeans, Lederjacken und zu kurze T-Shirts wieder zum heißen Scheiß machen. Aber abseits alles Fashion- und Affären-Gossips, die die Band umweht, ist “Is This It” ein großes Album. Mit implodierenden Beats, einem unwiderstehlichen Groove und einer leichten, kokettierenden Lo-Fi-Attitüde. Dabei sind die Songs auf eine fast schon essentielle Kürze eingedampft, was durch das exakte Schlagzeugspiel von Fabrizio Moretti und die abgehackten Gitarrenakkorde von Albert Hammond, Jr. erst möglich wird. Und Julian Casablancas‘ eigenwilige Stimme verleiht Songs wie “Last Nite”, “Hard To Explain” oder “Someday” ein zusätzliches Alleinstellungsmerkmal. Bereits mit dem ersten Album haben sich die Strokes in die Musikgeschichte eingebrannt. This is it!

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