9. Klaxons – Myths Of The Near Future

Wegen diesem Album wurde ein ganzes Genre neu erfunden. Der erste Gig der Klaxons wird auf Flyern unter dem Claim New Rave angekündigt. Und obwohl sich das britische Trio später von der Bezeichnung distanziert und das Genre seine besten Zeiten hinter sich zu haben scheint, ist “Myths Of The Near Future” ein Monolith cleveren Party-Hedonismus’ – bei Erscheinen 2007 genauso wie heute. Denn eine so übergeschnappte und trotzdem eingängige Mischung schafft fast keine Platte der 00er Jahre. Falsettgesang, New-Wave-Bass, verstimmte Gitarren, Dance-Loops, Euro-Dance, Sirenen, Chorgesang, breite Keyboard-Sounds – erlaubt ist, was gefällt und in Bewegung versetzt. Dazu gibt es dadaistische Texte, die von Mutter Theresa über William S. Burroughs und Aleister Crowley bis zu Platon keinen Referenzpunkt auslassen. Und trotz der vielen nachfolgenden New-Rave-Bands sind die Klaxons die beste, verrückteste, eigenständigste, nachhaltigste, unverkennbarste unter ihnen und “Myths Of The Near Future” die ultimative Aufforderung zum kollektiven Durchdrehen – ob mit oder ohne Neonfarben.

8. Ryan Adams – Love Is Hell Pt. 1

Aufgrund seiner hohen Veröffentlichungsfrequenz sind bis heute schon einige Ryan-Adams-Alben erschienen. Doch keines trifft so ins Herz wie das 2003er “Love Is Hell Pt. 1” (Teil 2 erscheint im selben Jahr). Hiermit entfernt sich Adams endgültig von seinen Alternative-Country-Anfängen und erscheint in seiner ganzen Grandezza als Singer/Songwriter, für den eine Genrezuschreibung nur unnötiger Ballast ist. Mit nur gut 30 Minuten ist das Album ungewöhnlich kurz, aber in dieser geringen Spielzeit gelingt es dem Musiker, jegliche Gefühle in Bezug auf Liebe hervorzurufen – ohne Schmalz oder Übertreibung, sondern in ihrer nackten Schönheit und oft genug auch Hässlichkeit. Ob nun Einsamkeit (“The Shadowlands”), Verletzlichkeit (“Caterwaul”) oder einfach Freundschaft (“Halloween”), der Singer/Songwriter weiß mit reduzierter Instrumentierung und intensiver Stimme immer zu berühren. Und selbst ich als Oasis-Fan muss zugeben, dass ich das Wonderwall-Cover in vielen Situationen als noch besser als das Original empfinde. Mit “Love Is Hell Pt. 1” ist Ryan Adams die vielleicht ehrlichste und berührendste Sammlung an Liebesliedern der Dekade gelungen.

7. The Libertines – The Libertines

Pete Doherty ist heute Stammgast in der Regenbogen-Presse. Jedes neue Drogenvergehen, jede neue Liebschaft wird so genüsslich wie ausführlich ausgeweidet. Als 2004 das selbstbetitelte, zweite Libertines-Album herauskommt, ist Doherty zwar schon für seine Drogenprobleme bekannt, doch steht noch die Musik im Vordergrund. Und in musikalischen Dimensionen hat seine damalige Band ihren Gipfel mit diesem Album erreicht. Regierte auf dem Debüt “Up The Bracket” im Zweifelsfall die schnelle Rotzigkeit, zeigen sich Doherty und Co-Songwriter Carl Barât mit Album Nummer zwei auf der Höhe ihrer Schaffenskraft. Die infizierende Fusion aus direkter Punkigkeit und melodiegetränkter Poppigkeit, die die Doppelspitze erschafft, bringt zu dieser Zeit kein anderer Musiker zustande. Die von diversen Substanzen getränkten Hymnen spiegeln in mehreren Songs die ambivalente Beziehung der beiden Frontmänner wider (z.B. “Can’t Stand Me Now”). Die Gebrochenheit und teilweise Unfertigkeit der Tracks mehrt die Faszination des Albums weiter, es klingt wie eine spontane Jam-Session, bei der man verdammt gerne dabei gewesen wäre. Und auch die lyrischen Bilder, die in den Texten erschaffen werden, lassen einen bei genauem Hinhören staunen. Der Höhepunkt markiert allerdings auch das Ende der Libertines, nach diesem Album löst sich die Band auf. Doch weder Doherty noch Barât schaffen es mit ihren folgenden Projekten, die durchgehende Hochklassigkeit dieses Albums zu wiederholen. What became of the likely lads…