…stand ganz im Zeichen vom Bindfadenregen, weshalb die Besucherzahl kleiner zu sein schien, als an den ersten Tagen. Die Zeltbühnen durften sich so jedoch über einen größeren Ansturm freuen. So zogen The Amplifetes, Architecture In Helsinki und Saul Williams viele Zuhörer an und lieferten überzeugende Shows – vielfältig, sympathisch und absolut festivaltauglich. Neben zahlreichen Rock- und Indie-Größen gab es auch für Fans der südlich-warmen Klanggefilde einiges zu holen. So ließ etwa das kalifornische Reggae-Gespann Groundation auf der Last Arena mit seinem „Tribute to Bob Marley“-Konzert kurzzeitig den Regen vergessen, wenn es auch unermütlich weiter schüttete. Genauso wirkungsvoll waren auch Pennywise, mit ihrer schönen Ladung prügelndem Punkrock. Während des Konzerts der routinierten Herren kam es zu einem enormen Wolkenbruch, der binnen weniger Minuten den kompletten Platz unter Wasser setzte. Der Meute war das in diesem Moment scheinbar völlig egal.
IAMX alias Chris Corner betrat ein paar Meter entfernt derweil in extravagantem Outfit die Bühne im Club Circuit Marquee. Dem prall gefüllten Zelt servierte er eine fein abgeschmeckte Mischung aus Electro und Indie, die bis in die letzten Reihen begeisterte. Den Mitbegründern des Britpop Suede ging es dagegen auf der Last Arena ähnlich wie am Vortag Mogwai – sie mussten sich mit einem zögerlichen und recht verhaltenen Publikum zufrieden geben.
Zeitgleich zogen jedoch Les Savy Fav aus New York im La Petite Maison dans la Prairie die Scharen an. Es sprach sich herum, dass man so eine verrückte Show mal gesehen haben muss. Sänger Tim Harrington verbrachte mehr Zeit im Publikum als auf der Bühne und wirkte zeitweise gar ziemlich selbstzerstörerisch. Unser Fotograf blieb auch nicht von seinen Kapriolen verschont, wurde vom Sänger in Unterhose gekuschelt und musste sein Gesangstalent unter Beweis stellen.
Mit der Hardcore-Legende Agnostic Front bot sich auf der Canibal Stage ein weiteres Highlight. Prügelnde Drums und schiebende Gitarrenwände wurden aufgebaut, Mosh- und Circle-Pit selbstverständlich inklusive. Der Abschluss des Abends präsentierte sich mal wieder in bester Stilmix-Manier: auf der Last Arena lieferten die Hip-Hop-Legenden House of Pain zum Hardcore ein wirkungsvolles Kontrastprogramm. Sie überzeugten nicht nur am Mikrofon, sondern auch mit einer exzellenten Band, die genau auf den Punkt spielte und die Rapper perfekt unterstützte.
Das Programm vom letzten Tag des Dour 2011 präsentierte eine Menge hochkarätiger Reggae-Acts. Aber wie üblich auf dem Dour-Festival gab es selbstverständlich genügend Alternativen für die Freunde anderer Richtungen. Mit den Blood Red Shoes stand ein fantastisches Duo mit Schlagzeug und Gitarre auf der Bühne. Die zart wirkende Sängerin überraschte dabei mit ihrem eindringlichen Gesang.
Gefolgt wurden sie von The Drums, die treibenden und sehr motivierenden Surf-Pop zum Besten gaben. Parallel dazu füllte Shantel und sein Bucovina Club die Dance Hall und eine unglaubliche Menge tanzte und sang mit. Auf der Last Arena kam es mit Public Enemy zu einem weiteren Highlight des Festivals. Alle Mitglieder der Band lieferten eine unglaubliche Performance ab. Die Musiker samt DJ waren hervorragend und Flavor Flav’s Bodyguards zeigten überzeugend minimalistische Tanzeinlagen. Aber allen voran waren Chuck D und Flavor Flav sehr energiegeladen, letzterer rannte wild umher, spielte zwischenzeitlich sogar Schlagzeug und Bass. Sie bedankten sich für die letzten 25 Jahre Treue und Flav appellierte zum Schluss eindringlich für Frieden und Zusammenhalt. Zu „One Love“ von Bob Marley verließ er schließlich die Bühne.
Als zweiter Hauptact betraten Pendulum um Mitternacht die Last Arena und begeisterten mit Abstand das größte Publikum des Festivals mit einer spannenden und stimmungsgeladenen Electro-Live-Show. Zu guter Letzt verabschiedete sich das Dour dann am Montagmorgen gegen halb drei mit den Freakshow-Künstlern von Bonaparte. Worte helfen hier nicht viel, die Fotos sprechen Bände:
Das diesjährige Dour war ein fantastisches Festival voll von unterschiedlichsten Stilen. Zahlreiche großartige Shows ließen sich bewundern, allen voran stehen die Highlights Pulp und Public Enemy. Die unglaublich groß anmutende Besucherzahl von etwa 145000 verteilte sich zwischen den Bühnen so gut, dass das Festival trotz der Größe sehr gemütlich ablief und teils sogar familiären Charakter bekam. Wer sich also nach einer günstigen Alternative zu den deutschen Mainstream-Massen-Festivals sucht, ist mit dem Dour mehr als gut beraten. In sehr schöner Atmosphäre gaben sich dort dieses und geben sich garantiert auch nächstes Jahr viele große Bands die Klinke in die Hand. Aber auch jede Menge Neuentdeckungen sind hier zu wagen. In jedem Fall ein sehr gelungenes Festival. Wir kommen gern wieder.
»Hier geht’s zum Donnerstag und Freitag.
Vom Dour Festival 2011 berichteten für euch Michael Grein und Viktoria Spratter.
Michael Grein ist freier Fotograf und hat sich vor allem auf Live-Fotografie spezialisiert. Für motor.de ist er in den Konzerthallen des ganzen Landes unterwegs. Mehr von ihm seht ihr auf michaelgrein.com oder auch bei Facebook.
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