„Die Liebe ist ein seltsames Spiel, sie kommt und geht vom einen zum anderen!“ So hieß es mal, gar nicht so unklug, in einem hübschen Schlager der alten Tage. In Hollywood kommt diese Weisheit allerdings womöglich gar nicht so gut an. Denn letztlich erzählt die Traumfabrik von nichts lieber als von der ewigen Liebe.

„Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen“

Dass ihr da die populären Trivial-Bestseller von Stephenie Meyer gerade recht kamen, versteht sich von selbst. Immerhin erzählt die Autorin in „Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen“ (dem ersten Band der Roman- und nun auch Filmreihe) nicht nur eine Variation des Romeo & Julia-Klassikers, sondern peppt das Ganze auch noch mit Vampiren auf, den Lieblingsmonstern der Popkultur. Was dabei rauskommt ist mehr Kitschromanze als Gruselthriller – und vor allem großer Schmonz. Das ist auf Papier schon nicht eben leicht zu ertragen, auf die Leinwand gebracht von leicht überforderten Darstellern und einer Regisseurin mit zu wenig Geld ist es aber noch ärger. Dass sich trotzdem Millionen junger Mädchen nicht vom Kinobesuch abhalten lassen werden, spricht allerdings tatsächlich für die Kraft der unsterblichen Liebe.

„Zeiten des Aufruhrs“

Ein Lied davon singen können auch Kate Winslet und Leonardo DiCaprio, die vor elf Jahren in „Titanic“ noch mehr Herzen rührten als nun der Untote und die Schülerin. Mit „Zeiten des Aufruhrs“ beweisen sie nun jedoch auch, dass das Konzept der Ewigkeit in Sachen Liebe womöglich überschätzt sein könnte. Angehende Ehepaare sollten dieses brillant gespielte Fünfziger Jahre-Drama jedenfalls besser meiden, denn letztlich wird hier in zwei Stunden nichts anderes gezeigt, als die komplette Entfremdung zweier Menschen, die zu Beginn ihres Ehealltags noch gedacht hatten, für einander bestimmt zu sein.

„Saw 5“

Wo die beiden es beim Streiten belassen, gehen andere noch weiter. Jigsaw zum Beispiel, der für „Saw 5“ mit Hilfe von Rückblenden noch einmal zum Leben erweckt wird, damit wieder viele Menschen viele blutige Qual-Tode sterben dürfen. Ewigkeit ist auch für diese Horrorfilmreihe ein wichtiges Thema, schließlich will und will sie einfach kein Ende nehmen: Teil 6 ist schon in Planung! Nur mit Liebe hat das alles kaum noch etwas zu tun. Zumindest stellt sich bei immer weniger Zuschauern dieses Gefühl angesichts der Torture Porn-Unendlichkeit ein – und auch die Macher scheinen mittlerweile höchst lieblos zur Sache zu gehen.

„Die verborgene Welt“

Dann passt „Die verborgene Welt“ schon besser zum Thema unserer Kino-Woche. In dem Drama über die wohlhabende Miriam und die Arbeiterin Amina, die sich im Südafrika der Fünfziger Jahre in einander verlieben, schlagen die Emotionen vielleicht nicht ganz so dramatisch hoch wie in anderen Filmen. Aber dass man auch angesichts von Klassen- und Rassenunterschieden zumindest von einer grenzenlosen Liebe träumen sollte, wird hier nicht in Frage gestellt.

„The Boss Of It All“


Doch nicht alles dreht sich im Leben um die Liebe, vor allem wenn man mal über die Grenzen Hollywoods hinaus blickt. Lars von Trier etwa, der sich früher auch schon mit dem Zwischenmenschlichen beschäftigt hat, widmet sich in „The Boss Of It All“ lieber einem höchst kuriosen Büroalltag, in dem sich alles um den virtuellen Chef dreht. Das ist weit weg von jeglicher „Dogville“-Tristesse und im Gegenteil voller exzentrisch-humorvoller Absurdität, so dass man fast vermuten könnte, der dänische Griesgram hätte die Liebe zum Leben wieder entdeckt. Wobei… sein kommender Film heißt „Antichrist“, also vielleicht auch nicht!

„Die Klasse“

Zum Abschluss sei aber noch schnell der wirklich beste Film dieser Woche empfohlen. In „Die Klasse“ geht es nicht um wie auch immer lang anhaltende Liebe, nicht um glitzernde Vampire und schon gar nicht um brutale Foltermaschinen. Eigentlich besteht der französische Cannes-Gewinner 08 aus nicht viel mehr als dem Alltag eines Französischlehrers und seiner Multikulti-Klasse in einem Pariser Randgebiet. Doch was dabei herauskommt ist so packend, ehrlich, witzig, authentisch und mit der Grauzone von Fiktion und Dokumentation spielend, dass man den Film einfach gesehen haben sollte. Wer weiß, vielleicht ist es ja sogar ein Kinoerlebnis für die Ewigkeit!

Patrick Heidmann