Wie schön ist es doch, ein schickes Wohnzimmer sein Eigen nennen zu dürfen. Ganz klar, ohne eine hübsche und flexibel nutzbare, Stube hätte es Thrice vielleicht nie gegeben. Von Skatepunkern zu progressiven Klangkünstlern. Ein ungewöhnlicher und daher umso interessanterer Weg einer Kalifornischen Band zu sich selbst. Glaubt es oder nicht, es sollte tatsächlich das elterliche Wohnzimmer sein, indem Thrice 1998 ihre ersten musikalischen Gehversuche unternehmen. Bevor ich es vergesse: Der Raum gehört den Eltern von Riley (Schlagzeuger) und seinem Bruder Eddie Breckenridge (Bass). Offenbar hat man Sturmfrei, sodass auch Dustin Kensrue (Gesang) und Teppei Teranishi (Gitarre) zu gegen sind. Mehr braucht man als Band nicht – also ab dafür.

Durch einen Freund bekommen sie die Gelegenheit, ihre ersten musikalischen Ergüsse auf einem Benefiz-Festival zu präsentieren. Die Lunte ist gelegt und so beschließen sie, ein erstes Demo einzuspielen. Binnen zweier Tage spielen sie sechs Songs für die Demo-EP „First Impressions“ ein. Doch ihr Skatepunk sorgt noch nicht für Jubelstürme und so verliert man den Musik-Traum etwas aus den Augen. Zum Glück besinnen sich die Jungs eines Besseren, rappeln sich auf und spielen weitere Songs für ein mögliches Album ein. Dustin will seinen Traum verwirklichen und bekniet die Bosse von Greenflag Records, ihnen einen Vertrag zu geben. Diese schicken die Band zunächst auf Tour, als Support von The Ataris. Nach weiteren Support-Shows für Backside und Boy Sets Fire klappt es endlich. Greenflag Records bietet den Jungs an, das erste Album zu veröffentlichen. Im April 2000 erscheint „Identity Crisis“, jedoch mit einer kleinen Auflage von 1000 Stück.

Thrice spielen einige Konzerte, auf denen Louis Posen von SubCity auf sie aufmerksam wird und ihnen eine Wiederveröffentlichung des Debüt-Albums auf ihrem Label an. Dieses erscheint Anfang 2001. Erneut geht es auf Tour, diesmal mit Samiam, später mit Midtown und Hot Rod Circuit.

Produzent Brain McTernan findet Interesse an den Post-Punkern und produziert mit den Jungs das zweite Werk. Nach etwa drei Wochen harter Studio-Arbeit („die wichtigsten im Leben der Band“) ist „The Illusion Of Safety“ eingespielt und im Februar 2002 in den Läden. Schon hier beginnt die Band, einen Teil der Erlöse für wohltätige Verbände und Organisationen zu spenden.

Der Achtungserfolg der Scheibe lockt auch die Majors auf den Plan. Island Records gewinnt das Rennen und kann die Jungs unter Vertrag nehmen. 2003 veröffentlichen Thrice mit dem Album „The Artist In The Ambulance“ ihr drittes Werk. Es verkauft sich blendend, sodass die Jungs wiederum einen Teil der Erlöse einer Krebsvorsorge-Stiftung zur Verfügung stellen. Mit „The Used“ geht es auf Tour und Ende des Jahres zum ersten Mal live nach Europa.

Jährlich veröffentlichen Thrice neues Material, so auch im Jahre 2004. Per iTunes wird ein Akustik-Album den Fans angeboten. Bevor frische Songs die Fans zum Rocken bringen, erblickt im April 2005 mit „If We Could Only See Us Now“ die erste DVD der Kalifornier das Licht der Abspielgeräte.

Mit dem im Oktober 2005 veröffentlichten „Vheissu“ beginnt eine neue Zeitrechung bei Thrice. Neue elektronische Elemente fließen in die Musik und der eingeschlagene Prog-Touch vermittelt eine düstere und melancholischere Atmosphäre. Die Verkaufszahlen brechen ein. Doch wie das nun mal öfter so ist, wird das Album von der Presse gefeiert und für den New Pantheon Music Award nominiert. Nach einer Tour schieben sie die EP „Red Sky“ hinterher, bevor sie sich 2007 von Island Records trennen.

Thrice juckt das alles weniger und schreiben unentwegt neue Songs, für ein Konzeptalbum der besonderen Art. Sie greifen inhaltlich weit zurück und thematisieren die vier Grundelemente der mittelalterlichen Alchemie: Feuer, Wasser, Erde und Luft. Jedes Element bekommt dafür sechs Songs auf den Stoff geschrieben. Die Scheiben entfernen sich noch weiter vom Erfolgsalbum „The Artist In The Ambulance“ und kommen auch erstmalig ohne einen externen Produzenten aus. Im Oktober 2007 kommt mit „The Alchemy Index: Vol. I & II – Fire & Water“ die erste der beiden Alben auf Vagrant Records heraus. Während „Fire“ den alten Stil von Thrice ein wenig weiter leben lässt, nimmt man für „Water“ alle Songs in einem Wohnzimmer auf und beschränkt sich auf akustische Töne. Der Kreis schließt sich. „The Alchemy Index: Vol. III & IV – Air & Earth“ erscheint im April 2008. Während „Air“ eine erdrückende Traurigkeit aufweißt, überrascht „Earth“ mit Country-Einflüssen. Die Reise in die Vergangenheit ist zu Ende. Die Zukunft kann kommen.

Thrice sind:
Dustin Kensrue – Gesang, Gitarre
Teppei Teranishi – Gitarre
Eddie Breckenridge – Bass    
Riley Breckenridge – Schlagzeug

Enrico Ahlig