Das Hamburger Singer-Songwriter-Projekt Olli Schulz und der Hund Marie macht sich mit seinem zweiten Album auf, ein weiteres Mal nicht viele Herzen, aber dafür die, der guten Menschen zu erobern. Hatte das Debüt noch den Witzslogantitel ‚Brichst Du mit das Herz, dann brech’ ich Dir die Beine’, so heißt das neue Werk schlicht ‚Das Beige Album’.
“Kurze Zeit war auch mal der ‚Mars Volta, Snickers bekam er’ als möglicher Titel im Spiel. Doch dann wäre das Album wieder auf den vermeintlich witzigen Titel reduziert gewesen und das wäre der Platte nicht gerecht geworden” erzählt Olli Schulz. Stimmt, denn die Platte wird von tagischtraurigen Stücken aus Ollis realem und erdachten Leben geprägt.
“Meine Texte sind zum größten Teil autobiographisch. Ich find es immer so plump, wenn man Lieder schreibt, die so Seelenstriptease mäßig sind. Ich denke mir zu wahren Ereignissen noch Sachen aus, damit die Texte stimmig werden. Es ist nicht leicht zu erkennen, was fiktiv ist oder was der Wahrheit entspricht. Aber es ist ja auch ok, man kann den Hörer oder Zuschauer ein bisschen rätseln lassen. Das hat dann ja irgendwie was geheimnisvolles. Ein großes Mysterium.” Und so werden diese traurigen Erzählungen in bester Songschreibermanier von einer Akustikgitarre getragen. Auch wenn Olli jetzt eine Band hat, auf die er sehr stolz ist. “Früher habe ich oft Akustik-Konzerte gespielt. Doch das muss man die Leute zwischen den Songs immer noch mit Sprüchen und Geschichten unterhalten, damit sie nicht einpennen. Das mache ich immer noch gerne, aber mit Band rockt jetzt auch die Musik.”
Seine rockende Band besteht aus Mitgliedern von Tomte und Marr und natürlich dem ‚Hund Marie’, der eigentlich Max Schröder heißt und Ollis zweiter Gitarist ist. Als weitere Prominente Gäste tauchen Heinz Strunk mit einem Flötenspiel und Farin Urlaub mit verstellter Stimme in einem kleinen Hörspiel auf. “Ich habe letztes Jahr einmal im Vorprogramm der Ärzte gespielt und das hat ihm so gut gefallen, dass er mir Unterstützung anbot, die natürlich dankend angenommen habe.” Eben jene Hörspiele und Songs wie ‚Human Of The Week’ und ‚Bettmensch’ sind die Schmunzelsongs, weshalb Olli Schulz oft in die Comedyschiene gesteckt wird. “Meistens geht mir das auf den Sack. Aber im Grunde haben viele es kapiert, dass es bei
mir eher so eine Tragikkomik ist. Auch bei den traurigsten Sachen, die ich erlebt habe,
ist trotzdem immer noch ein Stück Komik dabei. Ich versuche Erlebnisse zu verarbeiten, dass
ich sie mit Humor nehme. Und umgekehrt ist das genauso, dass ich in witzigen Dingen einen
tragischen Hintergrund sehe. Das sind zwei Sachen, die immer zusammen gehören.” Und genauso gehört es dieser Tage dazu einen deutschen Künstler nach dem aktuellen Boom deutschsprachiger Musik zu fragen: “Ich habe meine Platte noch aufgenommen, bevor der Boom mit Wir Sind Helden losging, da bin ich echt stolz drauf. Auch über diese ganze Deutschtumdebatte habe ich mich schon genug aufgeregt, inzwischen habe ich keine Lust mehr, mich darüber zu ärgern. Jedes Land hat die Stars verdient, die es bekommt. Teilweise ist es vergoldete Kraft, sich aufzuregen und teilweise ist es nur Neid, wenn andere Künstler sich darüber aufregen und sagen: ‚Die sind alle scheiße’, aber irgendwie sind sie ja doch erfolgreich und da kann man nichts mehr dran ändern. Und in Amerika ist es auch nicht anders. Gute Künstler wie Rufus Wainright sieht man auch nicht in den Charts. Das ist hier nicht anders. Wir sind halt ein kleineres Land und als kleiner Künstler kannst du hier schlechter davon leben als in Amerika. Dort verkaufen Künstler immer noch 100 000 Platten und stehen nicht in der Öffentlichkeit.’ Ganz so oft hat sich Olli Schulz’ erstes Album nicht verkauft, aber das ist ihm auch gar nicht so wichtig. ‚In dem Song ‚Jetzt gerade bist du gut’ geht es darum, dass jeder Mensch Chancen verpasst hat, aber er wenn er mit seiner jetzigen Situation zufrieden ist, sollte er stolz auf sich sein, dass er das erreicht hat Ich als Musiker werde nie in einer Dimension spielen werde, wie ‚Wir Sind Helden’ Aber das ist auch nicht schlimm, dann höre ich immer von anderen: ‚Läuft nicht so gut, Olli, die Platte ist gar nicht in die Charts gegangen’ Aber darauf lege ich gar keinen Wert. Sie hat sich fast 8000 mal verkauft, was verdammt geil ist, denn so kann ich meine Miete bezahlen, auf Tour gehen, knapp davon Leben und gehe nicht der gesamten Nation auf den Sack mit meiner Mucke.”
Text: Max Knaut
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