(Foto: Movements-Cover)

Dan Bancroft und die Ehepaar-Lovebirds Dede und Thomas Wegg-Prosser holen mit dem dritten Album „Movements“ aus, um als We Have Band ihre Position als Londoner go-to-Trio für elektronische Spaßmusik zu verfestigen und die Crowd im Gegenzug zu bewegen. Nonsense-Lyrics-Pipapo-Aussagen nach ihrem ersten Album tun sie locker ab: „ Wir werden keine Band sein, die unbedingt Dunkelheit oder die zwielichte Welt verurteilt. Wir sind eher darauf aus, positiv zu sein.“ Das ist nicht nur ehrlich, sondern krass sympathisch. Die Movement-Motivation haben wir auf dem Radweg zum Interview getestet und können nur sagen: Shoegaze my ass, Bewegung ist die neue Zurückhaltung.

 

Movements: Der Name ist Programm

Statt einer Genre-Definition sprechen We Have Band lieber gleich mit dem Album-Titel „Movements“ Klartext: „Es soll dich physisch und emotional bewegen“. Nachdem das etwas düsterere Vorgängeralbum „Ternion“ einen kleinen Knick in der Euphorietonalitäts-Kurve verzeichnete, wurden traurige Sachen kurzerhand gekickt, um sich bei „Movements“ der Übermittlung positiver Gefühle zu widmen: „Wir wollten ein Album machen, das einen hochholt – nicht depressiv und zu düster ist. Waren die Sketche zu launisch und dunkel, haben wir die Idee lieber sein lassen“, sagt Thomas.

Wer sich häufiger mal auf Konzerten rumtreibt, kennt die alte Plage der armverschränkenden Riesen, die to cool for school einfach nur Rumstehen und euphorische Freude echt erschweren. Ähnlich sieht’s in We Have Band’s-Wahlheimat London aus, wo Shoegaze schon eher wie ein erstrebsames Lebensmotto wirkt und das Publikum immer häufiger raus aus dem Kopf, aus dem Körper und alles außer locker ist. „Wir glauben nicht, dass unsere Musik in einem Raum existieren kann, der dich nicht bewegt, physisch und emotional. Das wollten wir schon immer machen.“

Das Video zu "Someone New" erinnert an Old School Videospiele – und damit Pre-Internet. Soll aber Post-Internet sein. Oder? So sicher sind sich Dede und Thomas von We Have Band da auch nicht. 


We Have Band – Someone (Official Music Video) on MUZU.TV.

Durch die positive Rezeption ihres Debütalbums „WHB“ wurde die Band ein wenig überrascht. Sie spielten eigentlich nur im Studio rum, spontane Gesangseinlagen wurden zu Lyrics und waren nicht dafür bestimmt, dass sich das tatsächlich jemand am Ende anhören und zu den Shows kommen wollen würde.  „Das erste Album entstand in Isolation. Wir haben es nur für uns aufgenommen. Das war aufregend, weil eine gewisse Spontanität auf die Aufnahmen übersetzt wurde, mit der die Leute sich offenbar verbunden fühlten. Es ging mehr um Emotionen und was wir gefühlt haben“, erinnert sich Thomas zurück.
Aber Pustekuchen Keller-Band, die Leute fanden’s geil und kamen in Scharen – und damit auch der Hype in Musikmagazinen, auf Welttour und Glastonbury-Trubel. Wer das H-Wort sagt, soll sich lieber schnell den Mund mit Seife auswaschen, findet Thomas: „Hype ist so ein dreckiges Wort. Das deutet eine Oberflächlichkeit an – Rauch, wo kein Feuer ist. Was du aber als Band brauchst, ist irgendeine Art von Momentum. Dann kommt es ganz darauf an, was du damit anstellst. Wir hoffen, dass wir nicht nur Hype sind! Aber wenn es Hype gibt … dann nehmen wir den auch!“

(Foto: Tom Oldham)

Um ein bisschen der Spontanität des ersten Albums beizubehalten, verzichtete man bei „Movements“ ganz bewusst darauf, ein Studio samt Produzenten für vier Wochen zu buchen und mietete stattdessen einen günstigeren Ort im Osten Londons – „um unseren eigenen Weg an ein Album zu finden, das wir lieben und das den Leuten bei den Live-Shows Spaß macht“, wie Dede sagt. „Dort waren wir jeden Tag, haben Musik gemacht, sind ausgegangen – das war echt schön – meiner Meinung nach gut in der Musik zu erkennen.“  
London selbst war großer Einflussfaktor. Auf dem Weg zum Studio kreuzte sich ihr Weg immer wieder mit East-End Hipstern und Kreativen. Das Ehepaar ist sich bei der Standortfrage einig: „Kreative Typen tendieren zum Zug in große Städte. Klar kannst du woanders kreativ sein, aber es entsteht einfach nicht viel elektronische Musik auf dem Land. Du gehst dahin, wo deine kreative Kraft am besten gefüttert wird. Und für uns ist das eine Stadt".

Die Produktion des Albums lag größtenteils in der Hand der Band selbst, Produzent und Co-Founder vom Mo’ Wax-Label Tim Goldworthy, legte nur bei drei, vier Songs Feinschliff an. Dede Wegg-Prosser spricht nicht ganz unstolz vom neuen Baby: „Der Sound ist definiert von uns und von dem, was in diesem Raum passiert ist. Wenn außenstehende Leute am Album mitarbeiten, wird ihr Einfluss teilweise auf das Werk übertragen. Aber mit „Movements“ gibt es keine Schatten. Das sind wir.“

Der No-Pressure-Luxus des ersten Albums ist allerdings dahin. We Have Band stehen in der Bringschuld und wissen, dass sie die Songs von Movements im besten Falle für ein, zwei Jahre vor tausenden Leuten spielen werden. In Zeiten, in denen Platten-Verkäufe gar nicht weiter zurückgehen können und Konzerte die Haupt-Einnahmequelle sind, weiß Thomas: „Als Band kannst du nicht nur auf Platte existieren – es muss sich gut live transponieren können.“

Im Anschluss an die gute Rezeption der letzten Alben mussten sie sich auch immer wieder anhören, ihre Lyrics seien Nonsense. Ob sie das verletze? Thomas weiß das nur mit einer Ehrlichkeit abzuwehren, die das ganze Projekt We Have Band umso sympathischer macht, da sie sich nicht hinter Allüren und Attitüden versteckt: „Wir haben’s nie darauf abgesehen, tiefgründige Poesie zu schreiben. Hör dir John Lennon an – da ist Vieles Nonsense! Wir sind nicht die besten Musiker, keine Virtuosen. Deshalb ist es wichtig, innerhalb der Parameter der eigenen Möglichkeiten zu schaffen. Kenn deine Limits! Stretch sie und hol das Beste aus ihnen raus!“
 

Die Lyrics entstehen jetzt nicht mehr wie bei "WHB" in Improvisation vor dem Mikro, der verschrieene „Nonsense“ wird trotzdem noch immer mit Bedacht eingesetzt: Der Song „Save myself“ startet mit einer Aufnahme im Backstage in São Paulo, als die Band eine kleine Party vor ihrem Konzert feierte. „Dieses Sound-Sample ist das Chaos, das wir lieben“ sagt Dede. Aufnahmen und Gesprächsfetzen wie diese sind eben teilweise auch echter und wahrhaftiger, als jede Worthülse, um eine Situation zu beschreiben.

Die eigens praktizierte Lockerheit will die Band auch für ihr Publikum. Der böse Teufel Steifheit hat sich in Körpern breitgemacht. Außerdem, man kennt’s, so richtig abspacken ist nicht, wenn Spaßbremsen von links und rechts die Nase rümpfen, sobald man aus dem Dance-Pop-charakteristischen Clap-Move ausbrechen will. Dede und Co. haben da eine anständige Lösung: „Für die Live-Shows drehen wir die Lichter runter. Weil wir nicht wollen, dass sich die Leute befangen und beobachtet fühlen – damit du einfach tun kannst, was du willst. Auch wer sich normalerweise nicht bewegt, tut’s vielleicht doch – weil es dunkel ist.“

 

Movements erscheint am 02.05.2014.

Wer seinen hart einstudierten Dance-Moves Freiraum und die Chance auf Beachtung geben will, hat im Mai auf Tour die Chance dazu:

We Have Band auf auf Tour

26.05. Hamburg, Übel & Gefährlich
27.05. Berlin, Berghain
28.05. Jena, Kassablanca
29.05. München, Atomic Café
30.05. Frankfurt, Das Bett
31.05. Köln, Gebäude 9