Kaum waren die Diskussionen über die besten Platten 2011 des vergangenen Jahres beendet, beginnt das neue Jahr bereits mit einer wahren Flut an Neuveröffentlichungen. motor.de sagt: Gut so! Der erste Monat hatte dabei bereits einige Überraschungen zubieten. Beinahe könnte man das Gefühl bekommen, der Januar war ein deutscher Monat.
Neben dem Erstling vom hiesigen Songwriter Max Prosa konnten vor allen Dingen die vier Chemnitzer von Kraftklub begeistern – immerhin stürmten die Herren auf Platz 1 der deutschen Albumcharts. Auch die fleißigen Menschen hinter den Künstlern konnten uns bezaubern. Das Berliner Label Sinnbus zog uns mit dem hervorragendem Debüt von Einar Stray in Bann. Nicht minder fantastisch war ihre gemeinsame Tour mit Me And My Drummer. Doch auch über die Landesgrenze hinweg gab es aufregende Platten. Die Indie-Heroen von Nada Surf hinterließen ein Gefühl der Ratlosigkeit, Kanadas Mitglied der Rock’n’Roll Hall of Fame Leonard Cohen meldete sich eindrucksvoll zurück, die Jungspunde von den Maccabees werden allmählich erwachsen – und über allem thronte natürlich Lana Del Rey, die selbst die Redaktion in zwei Lager spaltete.
Aufgrund der Vielzahl an Neuerscheinungen und vor allen Dingen talentierten Musikern wollen wir euch jedoch nicht nur die Peaks vorstellen — dafür ist der Album-Berg einfach zu groß. Aus diesem Grund führen wir zum neuen Jahr unser Platten-Sammelsurium ein, das es sich jeweils zum Monatsende zur Aufgabe macht, noch ein paar kurze Worte zu all den Alben zu verlieren, welche wir zwar auf dem Tisch liegen hatten, die aber stellenweise unter selbigen fielen – unabhängig davon, ob sie ein solches Schicksal verdient haben. Wir wünschen viel Vergnügen beim Stöbern.
(13.01.12, Ninja Tune)
Aus drei EPs wird eine LP. Der Brite Strictly Kev liefert eine Platte ab, die eher als Set denn als Album funktioniert. Rock mit psychedelischen Schlieren trifft auf Jazz mit elektronischen Skizzen auf kaleidoskopigen Vielklang. Gut produziertes Collagenalbum mit sprunghafter Identität.
(13.01.12, Ghost Records)
Der gute alte Italo-Pop – bei den einen bewirkt er Fernweh, bei uns eher Feindseligkeiten. Auch die Songs von Newcomer Dente bewegen sich im Umfeld schmalziger Harmlosigkeit. Als ob James Blunt Urlaub am Mittelmeer machen würde. Alles irgendwie nett, aber stets prädestiniert zum Überhören.
(13.01.12, PTR)
LAL ist ein Trio aus Bangladesh, Barbados und Uganda. Das Album, nichts für Genre-Faschisten, derart viele Schubladen stehen hier offen. Jazziger Soul wärmt die TripHop-Anleihen, während sich die Weltmusik einen elektronischen Folk-Schal umlegt. Mal zart, mal bestimmt. Anheimelnd schön.
(13.01.12, Smalltown)
Manchmal ist es bei einer Prügelei das beste, wenn man grinsend abtritt – mit drei Zähnen weniger. Der nordirische Noise Rock-Vierer LaFaro knüppelt mit seiner zweiten Platte “Easy Meat” 18 Tracks lang auf seine Hörer ein, die danach nur noch glücklich und außer Atem den Replay-Knopf drücken.
(13.01.12, Beggars Group)
Es ist 1979, die Ramones treten im CBGB’s auf und die USA werden von einem Erdnussbauern geführt. Dass diese Zeiten vorbei sind, interessiert Howler nicht. Schamlos-schön und rotzig-frech mopst das Quintett auf seinem Debüt “America Give Up” den Sound der Glanzzeit von Rock und Punk.
Radical Face – “The Family Tree: The Root
s”(20.01.12, Nettwerk)
Der Soundtrack zum Träumen und Verlieben: Mit schlichter Gesangsstimme sowie feinsinnigen Streicher- und Piano-Arrangements erschafft Ben Cooper atemberaubende Kompositionen, die den Hörer gedankenverloren zurücklassen und sich irgendwo zwischen R.E.M., Coldplay und Bon Iver einreihen.
(20.01.12, JMG Records)
Riechen wir da nicht viel eher Unentschlossenheit? Für ein Debüt-Album kann “Springs” schon mit einigem aufwarten, vor allem Bläser, Streicher und punktgenauen Arrangements. Ein bunter Mix aus Pop-Rock und Jazz, der aber zu keinem Zeitpunkt darauf aus ist, mehr zu sein als “ganz nett”.
(20.01.12, Warp Records)
Die Electronica-Achterbahn der gebürtigen Iranerin Leila Arab führt von anspruchslosen Ambient-Loopings über aggressiven Pop-Kurven bis hin zu industriellen Noise-Schrauben. In Coop mit Mt. Sims (The Knife) werden Strukturen gar nicht erst gesucht. Nicht Eklektizismus, sondern Epilepsismus.
The Soft Hills – “The Bird Is Coming Down To Earth”
(20.01.12, Tapete)
Musik gleich einem Schwebezustand. Stimme und Gitarre befinden sich im anrührenden Zusammenspiel. Teils ergänzt durch elektronische Spielereien, knarzigen Drone-Teppichen und Schlagzeug. Nostalgie und Moderne in zarter Symbiose. Ohne viel Tamtam, aber mit Leidenschaft.
Toni Kater – “Sie fiel vom Himmel”
(20.01.12, Toni Kater Records)
(27.01.12, Modular)
Der Pop von Phoenix, die Flächen von M83 und der Retro-House-Groove von Hercules And Love Affair – das Debüt des australischen Duos bietet mehr Spielarten als der Hörer teilweise verkraften kann. Genre-Vielfalt als roter Faden. Mischung und Qualität dieser bunten Wundertüte machen viel Spaß.
(27.01.12, 50 Weapons)
Zwei DJs mit ihrem Debüt auf Modeselektors Label. Die elektronische Spurensuche führt von Dub über Detroit bis nach Chicago. Deep, Deeper, Damage & Daneeka. Ein Kopfhörer-Album, das aufgrund der Variabilität ihrer UK-infizierten Bassmusik auch die Tanzflächen dieser Welt erobern wird. Superb.
(27.01.12, Fire Records)
Robert Schneiders Seitenprojekt debütiert mit viel Lärm und wenig Innovation. Dass die verzerrte Stimme mit den Fuzz-Gitarren dabei keine hörenswerte Symbiose erfährt, weiß man schon seit 2009, als die Platte zum ersten Mal erfolglos veröffentlicht wurde. Obendrein wird schamlos von Deep Purple abgekupfert.
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