“It’s not working, if we still talking.” Limp Bizkit-Chefdenker Fred Durst verriet uns im Interview, wie es tief in seinem Inneren aussieht und plauderte nebenbei über die Zukunft seiner Band, das neue Album und überraschenden Erfolg.
Einst schrieben sie mit Songs wie “Break Stuff” oder “My Way” Lieder einer ganzen Generation. Ende Juni veröffentlichten sie mit “Gold Cobra” ihren fünften Longplayer. Nach knapp acht Jahren Stille wurde diese, glaubt man den deutschen Albumcharts, heiß ersehnt. Auch live sind wieder zurück und momentan auf Welttournee. Am Rande ihres Stopps in Leipzig trafen wir Mastermind Fred Durst und sprachen mit ihm über die neue Platte, das Älter werden und die Verbindung zu den Fans. Dabei haute er uns Weisheiten um die Ohren, wie sonst “Fucks!” in seinen Songtexten.
motor.de: Vor ungefähr zehn Jahren habt ihr die Songs meiner Generation geschrieben…
Fred Durst: Als ihr jung, unbekümmert und emotional gewesen seid und nicht wusstet, wo es mit euch hingehen soll, waren wir für euch da. Großartig!
motor.de: Nur heute verfolgt keiner mehr so richtig den Werdegang von Limp Bizkit. Liegt das daran, dass eure Musik ausschließlich jüngere Generationen anspricht?
Fred Durst: Nein, ich persönlich mache die Musik aus dem Schmerz heraus, gedemütigt zu werden und hoffe, dass sie die Leute erreicht, denen es vergleichbar geht: Menschen, die sich allein gelassen, verloren und unverstanden fühlen. Ich hoffe, dass wir genau die erreichen, aber natürlich sind es offiziell auch noch viele mehr. Eine Auswahl an verschiedensten, verrückten Typen. So gesehen kann es schon sein, dass das vor allem Jüngere sind, aber ich denke, es gibt auch genug Ältere, denen es so geht. Ich erlebe es ja auch jeden Abend auf der Bühne und werde älter und älter.
motor.de: Was siehst du denn für Publikum, wenn du da oben stehst?
Fred Durst: Nun, ich werde definitiv jedes Mal daran erinnert, warum ich Musik mache und ich versuche mir immer eine oder mehrere Personen rauszupicken, bei denen ich das Gefühl habe, dass sie das fühlen, was ich fühlte, als die Songs entstanden. Wenn ich die eins, zwei, fünf Menschen gefunden habe, dann fokussiere ich mich auf diejenigen und spiele das Konzert explizit für sie. Das muss so sein, da wir keine durchchoreografierte Show machen und das Publikum brauchen, um uns wieder reinzufühlen, was auch für uns eine Art Therapie ist. Es ist wie eine Wunde, von der du eine Narbe trägst und diese reißt du immer wieder auf und streust Salz hinein. Nur so bleibt alles echt und sollte es irgendwann mal nicht mehr so sein, hören wir sofort auf.
motor.de: Nach 17 Jahren im Musikbusiness ist ja dementsprechend schon eine Menge Salz gestreut wurden… Was ist anders nach so langer Zeit?
Fred Durst: Es gibt immer Konstanten aber natürlich auch einige Sachen, die sich verändert haben. Wir sind älter und gefährlicher geworden. Weißt du, ein verrückter Junge mit einem Messer kann bei weitem nicht so viel Schaden damit anrichten, wie einer, der mit der Waffe umzugehen weiß. Wir schaffen es weiterhin junge Fans mit unserer Musik zu begeistern, obwohl es uns nicht mehr im TV oder Radio gibt. Sie finden uns trotzdem im Internet und denken sich ‘das fand mein Vater doch schon cool‘. Das ist irgendwie verrückt, aber dennoch cool.
motor.de: Und was können die Leute von euren Konzerten erwarten? Ist ein Limp Bizkit-Gig heute noch vergleichbar mit einer Show um die Jahrtausendwende?
Fred Durst: Ich denke, sie können immer so viel erwarten, wie sie bereit sind zu geben und umgekehrt. Das ist ganz logisch: Kommst du mit so einer beschissenen, skeptischen Haltung, dann wirst du enttäuscht nach Hause gehen. Kommst du aber voller Vorfreude, bist offen und versuchst, eine gute Zeit zu haben, dann wirst du die auch bekommen. So wie es in den Wald hinein schallt, so schallt es eben auch wieder raus.
motor.de: Lass uns über euer neues Album “Gold Cobra” reden. Bist du mit dem Ergebnis zufrieden?
Fred Durst: Ich bin ziemlich überrascht, dass es die Platte heute auf Nummer eins in den deutschen Albumcharts geschafft hat. Das ist total verrückt, da wir dachten, wir haben ein Album gemacht, das gegen den Stil der Musikindustrie und des Radios ist. Wir dachten uns, ihr könnt uns alle mal, wir machen die Aufnahmen für uns, wir sind eine Rap-Rock Band und werden uns nicht für euch verändern. Jetzt sind wir aber auch ein wenig verwirrt, weil wir diese Resonanz nicht erwartet hätten. Soll das jetzt heißen, dass die Leute sich nach etwas anderem gesehnt haben? Oder sind sie einfach nur glücklich, dass wir wieder eine Platte heraus gebracht haben? Ich bin mir nicht sicher und eigentlich möchte ich darüber auch nicht weiter nachdenken. Ich will doch nur spielen und nicht diese ganzen Interviews und den Kram machen, denn “it’s not working, if we still talking“.
motor.de: Erzähl uns doch etwas zum Entstehungsprozess von “Gold Cobra”. Wie arbeiten Limp Bizkit an ihren Songs?
Fred Durst: Wenn wir alle zusammen kommen, dann spielen die Jungs um Wes [Wes Borland, Gitarrist von Limp Bizkit; Anm. d. Red.] alle los. Ich nehme dabei erst einmal die Rolle des Produzenten ein und leihe ihnen mein Ohr. Sie vertrauen mir da, auch wenn alle mit etwas zufrieden sind und ich es nicht für gut empfinde. Wir sind eine Gruppe von Jungs, zwischen denen es aber auch nur so funktioniert. Keiner von uns hört oder macht eigentlich Rap-Rock, aber wenn wir zusammen kommen, dann passiert das ganz automatisch. Wir können nichts anderes. Das ist der Limp Bizkit-Sound und so soll es sein.
Limp Bizkit – “Gold Cobra”
motor.de: Was hört ihr denn privat für Musik?
Fred Durst: (überlegt) Ich persönlich mag Musik aus den unterschiedlichsten Sparten. Vor allem aber mag ich Songs, die mich traurig machen können – zum Beispiel Sigur Rós oder The Cure.
motor.de: Radiohead?
Fred Durst: Ich mag eine Menge von Radiohead, 98 Prozent würde ich sagen. Ich liebe vor allem den einen Song: (singt) “You’re all I need, you’re all I need“. Oh mein Gott, der Track raubt mir den Atem und ich höre ihn immer und immer wieder. Genau das Gefühl, das das Lied versprüht, mag ich, weil ich im Inneren eine traurige Person bin. Alles was mich melancholisch macht, macht mich glücklich.
motor.de: Wenn du einen wählen müsstest, welcher wäre dein Lieblingssong von euch?
Fred Durst: (überlegt lange) Naja, es gibt die Fanfavoriten wie “Rollin'”, “Break Stuff” oder “My Way”. Aber wenn ich einen für mich auswählen müsste, (überlegt weiter) dann würde ich sagen, dass das eine ziemlich schwierige Frage ist. Nun, einer meiner Lieblinge ist “Walking Away” von “Gold Cobra”. Den Song habe ich schon vor 15 Jahren geschrieben, trotzdem kann ich mich noch immer genau reinfühlen. Aber ehrlich gesagt, weiß ich es nicht so richtig. “Livin’ It Up” von “Chocolate Starfish And The Hot Dog Flavoured Water” mag ich auch.
motor.de: Was passiert in Zukunft mit euch?
Fred Durst: Im Moment konzentrieren wir uns darauf, live das Beste zu geben. Außerdem fangen wir an, Gespräche über eine neue Platte zu führen.
motor.de: Also ist nicht noch eine Trennung geplant?
Fred Durst: (die Stimme erhebend und mit Blick Richtung Nachbarraum, in dem Wes Borland sitzt) Ich hoffe nicht!
motor.de: Fühlt es sich in Originalbesetzung zu spielen an, wie nach dem ersten Cut?
Fred Durst: Es ist, als ob etwas ganz Spezielles passiert wäre. Es fühlt sich an, als sollte es so sein, dass wir uns trennen, damit wir uns wieder schätzen lernen und uns respektieren. Das Verhältnis untereinander ist jetzt besser denn je.
motor.de: Was macht eigentlich deine Regisseurkarriere?
Fred Durst: Es geht langsam, aber gut voran. Ich liebe Filme und noch mehr liebe ich, Filme zu machen. Für Anfang nächsten Jahres ist ein neuer Streifen geplant.
motor.de: Und deine externe Arbeit als Produzent? Es gab eine Zeit, da wurde alles zu Gold, was du angefasst hast. Ich denke da an Staind oder Puddle Of Mudd.
Fred Durst: Ich höre viel Musik, aber für eine lange Zeit habe ich mich nicht danach gefühlt, wieder etwas in die Richtung zu machen.
motor.de: Aber du hältst die Ohren offen…
Fred Durst: Ich denke, ich habe gerade etwas Gutes gefunden.
motor.de: Was ist es?
Fred Durst: Ich fühle mich… (überlegt) Ich weiß nicht, ob ich das an dieser Stelle schon sagen sollte. (lacht)
Interview: Max Wege
Fotos: Sebastian Brauer
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