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Es könnte so ewig weitergehen, dachten sich The Temper Trap nach ihrem erfolgreichen Einstand und mussten bei den Sessions zum neuen Album erkennen: Einfach weitermachen ist schwerer als gedacht. Im motor.de-Interview geben sich die Jungs selbst Starthilfe.
(Foto: Columbia Records)
Es gab Zeiten, da wäre es der Niedergang einer Band im Indie-Segment gewesen und doch verhalf The Temper Trap die kommerzielle Nutzung ihrer Songs zu größter Popularität: Zwar durfte “Sweet Disposition” schon vor der Hintergrundbeschallung eines Peugeot-Werbespot die englischen und australischen Charts besuchen, verharrte aber Dank des TV-Spots ganze 33 Wochen wie angewachsen in den Top 100. Und weil es gerade so gut lief, 2009 das Jahr der Band werden sollte, schoben The Temper Trap gleich noch 800.000 Einheiten ihres Debüts “Conditions” über die Ladentische. Alles super also, möchte man meinen und doch zogen Gewitterwolken in am blauen Erfolgshimmel auf.
“Als wir kurz nach der Veröffentlichung unseres Erstlings die Zelte in der Heimat abbrachen und von Australien nach England zogen, war ich in den ersten Monaten vielleicht zwei Wochen in meiner Londoner Wohnung – ansonsten sind wir nur rumgereist und hatten zwischenzeitlich das Gefühl überall und nirgends zu Hause zu sein”, erinnert sich Sänger Dougy Mandagi an die Schattenseiten des plötzlichen Durchbruchs seiner Formation, welche – in Melbourne gegründet – bereits Ende 2008 in der BBC und dem NME zu einem der aussichtsreichsten Acts für das darauffolgende Jahr ausgerufen wurde und den vielen Vorab-Lorbeeren sogar gerecht werden konnte: “Conditions” kombinierte Gitarren-Indie mit 80er Flair und synthetischen Klängen – eine Mischung, die auch auf dem Nachfolgealbum “The Tamper Trap” zu finden ist und doch nicht wie von selbst zustande kam.
Im motor.de-Interview erklären The Temper Trap warum eine Band immer weiter machen muss, manchmal die Nerven verlieren darf und die Zeiten sich allumfassend geändert haben.
The Tamper Trap – “Need Your Love”
motor.de: 2009 gab es hierzulande kaum Chancen an euch vorbeizukommen: Nicht nur Peugeot fand Gefallen an “Sweet Disposition”, auch die deutsche Schuhmarke Deichmann nahm den Song für einen ihrer Spots.
Dougy Mandagi: Wirklich? Also liefen wir doppelt und mit dem gleichen Track bei euch auf den Bildschirmen? (überlegt) Da ist es aber verwunderlich, dass du jetzt hier sitzt und immer noch mit uns sprechen willst – weil man es gut verstehen könnte, wenn jemand die Nase voll hat: “Nicht schon wieder diese Temper Trap, die nerven total!”
motor.de: Keine Angst, ganz so schlimm war das nicht und doch verwundert es, denn vor zwanzig Jahren wären wohl einige auf die Barrikaden gegangen, wenn ihre Lieblingsband sich an Konzerne rangeschmissen hätte!
Dougy Mandagi: Naja, die Zeiten haben sich geändert. Logisch verweigerten sich damals Bands wie R.E.M. oder Pearl Jam der breiten Werbemasse – sie verkauften dafür aber auch drei- bis viermal so viele Alben wie ein heutiger Newcomer. Ich habe keine Ahnung, wie oft “Conditions” illegal heruntergeladen wurde, aber wahrscheinlich hätten wir kein zweites Standbein nötig, wenn all diese Exemplare legal verkauft worden wären.
motor.de: Du hast zwei deiner Kollegen mitgebracht: Gitarrist Lorenzo Sillitto und Neumitglied Joseph Greer – wie kam es zur festen Verpflichtung?
Joseph Greer: Das beantworte ich gern selbst: Im Prinzip sind The Temper Trap seit vier Jahren zu fünft unterwegs – ich kam 2008 hinzu, da war “Conditions” allerdings so gut wie fertig, weswegen es sinnvoller erschien es erst mal bei den Leuten zu belassen, die aktiv daran beteiligt waren.
Dougy Mandagi: Was ich nach einigen Protesten okay fand und dann auch zustimmte, dass Joseph erst mit der nächsten Platte als fester Stamm im Kreise der Band erwähnt werden soll.
motor.de: Ein Grund für die Namensentscheidung der neuen Platte? Immerhin nennen Bands meist ihr Debüt nach sich selbst und ihr macht es nun genau andersrum.
Lorenzo Sillitto: Wir könnten das jetzt hochtrabend kommentieren und doch lag die Ursache dafür am Mangel an Alternativen – sämtliche Ideen gefielen nie der gesamten Band und irgendwann ließen wir es bleiben, entschieden uns für “The Temper Trap” und sind recht glücklich damit.
The Temper Trap – “Rabbit Hole”
motor.de: Prinzipiell verfolgt ihr musikalisch eine ähnliche Richtung wie bei “Conditions” und habt potentielle Hits an Bord – gab es Druck den Erfolg einstellen zu müssen?
Dougy Mandagi: Nein und so würde es auch nicht funktionieren. Du kannst keine Erfolge planen und an irgendwelchen Reißbrettern entwerfen wie ein Gebäude oder ähnliches. Das Risiko einzugehen, darauf kommt es immer wieder an und als 2010 unser Label sagte: ‘Kein Stress, ihr müsst 2011 nicht sofort den Nachfolger veröffentlichen’, freute uns das natürlich.
Joseph Greer: Weil es einem die Chance gab, sich kurz nach dem Start und der ausgiebigen Tour zu fangen und zu schauen, wo wir eigentlich stehen?
motor.de: Was ist als Ergebnis herausgekommen?
Lorenzo Sillitto: Das wir keine Hitlieferanten sind, zum Beispiel. Klar, es erwarten nicht wenige von uns ein zweites “Sweet Disposition” – aber den Song noch einmal in abgeänderter Form aufzunehmen, kam für niemanden in Frage. Soll heißen, auf der neuen Platte müssen sich die einzelnen Sachen erst beweisen und beim Hörer ihren Platz erarbeiten.
Dougy Mandagi: Darauf haben wir natürlich Einfluss, keine Frage.
motor.de: Indem ihr alles auf die Promotion setzt, erneut tausend Interviews gebt und eure vielen Netzwerke bemüht?
Dougy Mandagi: Zu diesem Social Media-Irrtum möchte ich Folgendes sagen: Natürlich hilft dir YouTube oder Facebook unheimlich deine Sachen schnell und einfach zu verbreiten – allerdings: Der direkte Draht zu den Leuten stollte im Vordergrund stehen. Du verdienst deine Brötchen nicht, indem zwei Millionen Menschen irgendwelche Videos anklicken, sondern mehr denn je auf der Bühne.
The Temper Trap – “Trembling Hands”
motor.de: Dann werdet ihr demnächst wohl wieder weniger in eurer Wahlheimat London sein und noch mehr auf Tour?
Dougy Mandagi: Genau, wenn du heute eine Band gründest und deine Leidenschaft zum Lebensmittelpunkt machst, solltest du keine Phobie gegen Koffer und Flugzeuge haben – in Hotelzimmern nicht nur einsame Orte sehen. Das vergessen manche Newcomer gerne und dann brennt das ständige Leben “on the road” dich schneller aus, als dir lieb ist.
Joseph Greer: Dem muss ich zustimmen: Für viele wirkt es immer so, als habe sich die gesamte Musikwelt komplett geändert. Aber eigentlich ist sie wieder viel konservativer geworden als noch vor einigen Jahren: Künstler in den Fünfzigern und frühen Sechzigern hatten teilweise keinen festen Wohnsitz, weil sie so oft im Jahr auf der Bühne standen, dass die paar freien Tagen daheim kurzerhand bei Freunden verbracht wurden.
motor.de: Ist das langfristig nicht schwierig?
Joseph Greer: Langfristig nicht – weil sich deine Mühen und Anstrengungen der Anfangszeit irgendwann auszahlen und du möglicherweise ein Publikum erreichst, dass The Temper Trap nicht nur wegen eines erfolgreichen Tracks hört, sondern am Werk selbst interessiert ist.
motor.de: Was heißt das abschließend?
Lorenzo Sillitto: Wenn ich mich noch einmal einmischen darf? (zustimmendes Nicken aus dem Rest der Runde) Anfänglich spielten Coldplay bis zu 250 Shows in einem Kalenderjahr – mit diesem unheimlichen Einsatz und Engagement schafften sie es, sich eine Basis zu erspielen die eine neue Platte von ihnen als echtes Ereignis ansieht, sich darauf freut und gerne dafür Geld ausgibt. Somit kannst du deine Tourneen viel konzentrierter spielen und die Prioritäten verlagern.
Dougy Mandagi: Woran für uns jetzt noch nicht zu denken ist, denn momentan lautet die Devise: Rauf auf die Bühne, alles gut. Können wir mit leben!
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