Am Ende eines Jahres wird man mit einer unendlichen Anzahl an sinnigen bis unsinnigen Best-Of-, Worst-Of- und sonstigen Listen überschwemmt. motor.de blickt statt zurück auf 2009 lieber nach vorne auf 2010, da schon viele interessante Veröffentlichungen für das neue Jahr feststehen. Hier soll es einen Überblick über die wichtigsten geben:
Im Januar geht es bereits mit den Zweitwerken von zwei DER Hypebands 2008 los: MGMT und Vampire Weekend.
Das US-Duo MGMT ist mit seinem Hit “Kids” immer noch allgegenwärtig, hat aber die letzten Monate lieber im Studio gewerkelt als auf den Erfolg ihres Debüts “Oracular Spectacular” mit Mojitos an einem karibischen Strand anzustoßen. Obwohl sie dort musikalisch mit ihrer entspannt-tanzbaren Mischung aus Folk, Electronica und Hippie-Attitüde sicher gut angekommen wären. Nun will das Duo mit “Congratulations” beweisen, kein One-Hit-Wonder zu sein Und auch die New Yorker Kollegen Vampire Weekend stehen vor der so viel beschworenen schwierigen Prüfung “zweites Album”. “Contra” scheint auf dieselbe interessante Mischung aus Indiepop und Afrobeats wie das selbstbetitelte Debüt zu setzen – nimmt man die Vorabsingle “Cousins” als Maßstab.
Über die Schwierigkeiten eines Zweitwerkes brauchen sich die Elder Statesmen der Hamburger Schule, Tocotronic, nach 16 Jahren im Geschäft natürlich keine Sorgen mehr zu machen. Mit “Schall und Wahn” erscheint der Nachfolger von “Kapitulation”, diesem Manifest der Aufgabe, dem Anti-Entwurf zum dauernd propagierten Erfolgsstreben. Und auch das insgesamt neunte Studioalbum lässt wieder sexy Diskurspop und starke lyrische Bilder von Frontmann Dirk von Lowtzow erwarten.
Genauso ein vom Feuilleton gefeierter Musiker aus deutschen Landen wie von Lowtzow ist Konstantin Gropper alias Get Well Soon. Sein Debüt “Rest Now, Weary Head! You Will Get Well Soon” konnte mit seinem theatralischen Breitwandpop-Entwurf auch international Eindruck machen. Nun gilt es mit “Vexations” sowohl Fans als auch Kritiker erneut zufrieden zustellen.
Aus den Feuilletons zum Großteil verschwunden ist wiederum Adam Green. Zu Zeiten seiner Alben “Friends Of Mine” und “Gemstones” und seines Lyrikbandes “Magazine” noch als Wunderknabe betitelt, kühlte die Begeisterung in den letzten Jahren deutlich ab. Doch Green lässt sich davon nicht beeindrucken und veröffentlicht mit “Minor Love” sein bereits sechstes Album. Es darf wieder mit Folkpop mit verqueren Texten gerechnet werden. Und auch der erste Hypekandidat des Jahres steht schon bereit: Local Natives. Das Quintett aus Kalifornien paart die Entrücktheit der Fleet Foxes mit frenetischen Vampire-Weekend-Gitarren und den elaborierten Arrangements von Wintersleep. Klingt sogar noch besser als es sich liest.
Im Februar kann man sich auf das neue Album der Elektro-Hipster Hot Chip freuen. “One Life Stand” heißt das Werk, das nach dem Volltreffer “Made In The Dark” sicher hohe Ansprüche zu erfüllen hat. Ob Alexis Taylor & Co. wieder einen Überhit wie “Ready For The Floor” produzieren können? Der letzte Überhit von Massive Attack wiederum liegt schon eine Weile zurück. Waren die Bristoler in den 90er Jahren als Miterfinder von TripHop und Alben wie “Blue Lines” oder “Protection” so gut wie unantastbar, konnten sie in diesem Jahrzehnt die Erfolge nicht ganz wiederholen. Ob dies mit “Heligoland” gelingt, bleibt abzuwarten.
Auf eine so lange Karriere wie Massive Attack können die Blood Red Shoes nach gerade einem Album natürlich nicht zurückblicken. Dennoch wird ihrem noch unbetiteltes Zweitwerk mit Spannung entgegen geblickt. Zündeten Laura-Mary Carter und Steve Ansell auf “Box Of Secrets” doch ein beeindruckendes Noise-Feuerwerk, so sehr Pop und so sehr Punk zugleich. Diese in Musik gepackte, sexy Wut, die das Duo anzutreiben scheint, wird sich auch auf der neuen Platte wieder finden, wenn man der Vorab-Single “Colours Fade” glauben darf – nur in epischeren Bahnen. Sexy Wut ist bei den Shout Out Louds nicht zu finden, eher wattige Melancholie. Die knuffigen Schweden lieferten mit ihrem auf das Album “Our Ill Wills” gebannten luftigen Indie-Pop den Sommersoundtrack 2007. Nach so viel Wohlklang darf man sich auch für einige Zeit zurückziehen, so dass “Work” erst 2010 erscheint. Und vielleicht sprießen pünktlich zur Album-Veröffentlichung schon die ersten Frühlingsblumen…
Auch eine ganze Weile bis zur nächsten Platte gebraucht haben The Sunshine Underground, die allerdings mit Frühling und Sonnenschein eher wenig am Hut haben; mehr schon mit Dunkelheit und Clubkultur, wie ihr 2006er Album “Raise The Alarm” bewies. Ob sie mit ihrem halb vertrackten, halb tanzbaren Dance Punk vier Jahre später noch einmal so einschlagen?
Im März nimmt die Dichte bereits bestätigter Veröffentlichungen etwas ab. Zu erwähnen wäre hier vor allem die nächste Black Rebel Motorcycle Clubs Scheibe. Mit Drummerin Leah Shapiro als Neumitglied bringt die Band ihr fünftes reguläres Album “Beat The Devil’s Tattoo” heraus. Wenn es nicht wieder einen (durchaus gelungenen) Americana-Ausflug wie auf “Howl” gibt, kann der Hörer mit erstklassigem, bluesinfiziertem, leicht psychedelischem Garage-Rock rechnen. Von diesem Genre sind Goldfrapp ungefähr soweit entfernt wie Frontfrau Allison Goldfrapp von der Hässlichkeit. Auch das fünfte Album “Head First” wird wieder ästhetisch anspruchsvollen Electropop bieten. Die Frage, die sich bei dem Duo nur stellt, ist, ob es mehr in die tanzbare oder mehr in die Ambient-Richtung geht.
Im weiteren Verlauf des Jahres und noch ohne konkretes Datum wird das neue Album der Beastie Boys erscheinen, “Hot Sauce Committee, Part 1”. Dieses sollte eigentlich schon 2009 herauskommen, wurde aber aufgrund einer Krebserkrankung von Adam Yauch verschoben, dem es inzwischen wieder viel besser geht. Dafür wartet man auf die Veröffentlichung der New Yorker Rap-Legenden natürlich gerne.
Noch sehr unsicher ist eine mögliche neue Strokes-Platte. Julian Casablancas & Co. waren die letzte Zeit vor allem mit ihren Soloprojekten beschäftigt; über ein mögliches neues Album gibt es widerstreitende Meldungen.
Und dann könnte es noch etwas vom wohl bekanntesten Brit-Pop-Brüderpaar der Welt geben: Noel Gallaghers angebliche Arbeit an einem Solowerk trägt möglicherweise Früchte, während der kleine Bruder Liam mit den Ex-Oasis-Kollegen Andy Bell und Gem Archer bereits im Sommer ein Album auf den Markt bringen will.
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